Fachkräftemangel trotz Corona-Pandemie weiterhin groß

Der Fachkräftemangel bleibt auch in Zeiten der Corona-Pandemie eine Herausforderung für die deutsche Wirtschaft. Etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen (54 Prozent) rechnet dieses Jahr mit Fachkräfteengpässen, ein Prozentpunkt mehr gab an, auch 2020 über weniger Fachkräfte als benötigt verfügt zu haben. Am meisten nachgefragt sind Arbeitskräfte mit Berufsausbildung (37 Prozent) und Akademikerinnen und Akademiker (27 Prozent). Die Situation stellt sich je nach Betriebsgröße, Berufsfeld und Region unterschiedlich dar. Das zeigt der aktuelle Fachkräftemigrationsmonitor der Bertelsmann Stiftung, für die Entscheiderinnen und – entscheider befragt wurden.

Ausbildung und Weiterbildung häufigste Maßnahmen gegen Fachkräftemangel

Die häufigste Maßnahmen um den Fachkräftemangel zu begegnen, stellen zum einen die Ausbildung neuer Mitarbeiter dar sowie das bestehende Personal durch Weiterbildung und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf im eigenen Betrieb zu halten. Nur 17 Prozent rekrutieren Fachkräfte aus dem Ausland. Dieses Personal wurde vor allem in anderen EU-Staaten sowie anderen europäischen Staaten angeworben, gefolgt von Asien und dem Mittleren Osten. Sehr wenig Erfahrung gibt es mit Fachkräften aus Afrika. Die Sprachbarriere sowie die Einschätzung der im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen stellten sich dabei als größte Hürden heraus. Corona-Einreisebeschränkungen sowie rechtliche Bestimmungen spielten dagegen nur eine untergeordnete Rolle für die seltenen Rekrutierungsversuche im Ausland.

Fachkräfte kamen 2019 nur selten aus Drittstaaten verharrte 2019 auf niedrigem Niveau

Das spiegelt sich auch in den Zuwanderungsdaten wider. Schon im Jahr 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie, ging die Zahl der Zuzüge aus anderen EU-Staaten nach Deutschland um sieben Prozent zurück, bei einer gleichzeitig steigenden Abwanderung von Arbeitskräften aus der EU. Die Arbeitsmigration aus Nicht-EU-Staat nahm zwar leicht zu, verharrte aber auf insgesamt niedrigem Niveau. Eine Erklärung dafür liefern die Attraktivitätsindikatoren der OECD. Deutschland bietet ausländischen Arbeitskräften schlechtere berufliche Chancen. Viele können oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Tätigkeit ausüben.


PRÄVENTION AKTUELL Folge 51 – Was der Mittelstand gegen den Fachkräftemangel machen kann


Fachkräfte aus dem Ausland werden eine wichtigere Rolle spielen

Nach Ansicht der Studienautoren hat die Pandemie keine Auswirkung auf den Bedarf an Fachkräften. „Auch wenn wir mit großen Unsicherheiten bei den Entwicklungen am Arbeitsmarkt rechnen müssen, werden Fachkräfte aus dem Ausland für deutsche Unternehmen angesichts der sinkenden Zahl einheimischer Arbeitskräfte eine zunehmend wichtige Rolle spielen“, erläutert Dr. Matthias Mayer, einer der Autoren der Studie. Das Anfang 2020 verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht er als wichtiges Instrument, um leichter Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten anwerben zu können. Es sei jedoch nötig, im Ausland erworbene Qualifikationen leichter anzuerkennen und eine größere Transparenz über die berufsfachlichen Kompetenzen der ausländischen Arbeitskräfte herzustellen.

Eine neue Perspektive würde auch mit den „Talentpartnerschaften“ im EU-Migrationspakt eröffnet: Gerade im Ausbildungsbereich bedürfe es internationaler Kooperationen, um die Vereinbarkeit ausländischer Berufsbildungssysteme mit dem der Bundesrepublik zu steigern. Deutschland könne international ein Vorreiter für transnationale Ausbildungspartnerschaften werden, so Mayer. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen zwischen Ziel- und Herkunftsländern zur Vermittlung, Anerkennung oder Qualifizierung von Fachkräften in bestimmten Ausbildungsberufen, zum Beispiel in der Pflege.


Weitere Informationen

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) Matthias Mayer und Marius Clemens: Fachkräftemigrationsmonitor Kostenloser Download

Wie gehen mittelständische Betriebe mit dem Fachkräftemangel um? Lösungsstrategien finden Sie in unserem Beitrag „Das Gesamtpaket zählt“ aus PRÄVENTION AKTUELL 5/2020.

 

Ein Artikel von
Redaktion Prävention aktuell

27. Januar 2021

Kategorie

Wissen