Arbeitsschutz aus der Luft

Drohnen sind ein effektives Werkzeug zur Verbesserung des Arbeitsschutzes. Sie können dafür sorgen, dass Beschäftigte sich erst gar nicht in gefährliche Situationen begeben müssen.

Text: Christian Menen, BG ETEM

Drohnen werden an Stellen eingesetzt, die für Menschen nur mit hohen Risiken oder schwer erreichbar sind – in der Höhe, in der Nähe von spannungsführenden Teilen oder in mit Gefahrstoffen kontaminierten Bereichen. Sie helfen, Inspektionen durchzuführen und Sicherheitsmängel zu identifizieren, ohne dass Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in Gefahr geraten. Sie nehmen hochauflösende Bilder und Videos auf. Deren Analyse kann dazu beitragen, potenzielle Sicherheitsrisiken zu erkennen.

Unternehmen, die mit Drohnen arbeiten, müssen alle Tätigkeiten in ihrer Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen. Wichtig ist außerdem, dass nur geschultes, unterwiesenes und zertifiziertes Personal die Einsätze durchführen darf. In vielen Bereichen in Industrie und Handwerk haben Drohnen gezeigt, dass sie einen erheblichen Beitrag zur Steigerung der Sicherheit bei gefährlichen Arbeiten leisten. Hier sind einige konkrete Beispiele:

Energieversorgung

Drohnen kommen bei der Inspektion von Hochspannungsleitungen, Windkraftanlagen oder industriellen Anlagen zum Einsatz. Der Vorteil: Beschäftigte müssen seltener in gefährlichen Höhen oder in gefährlicher Arbeitsumgebung arbeiten.

Mithilfe der Fluggeräte lassen sich detaillierte Aufnahmen zum Beispiel von Leitungen und Transformatoren anfertigen. Infrarotaufnahmen können Wärmeabweichungen aufzeigen, die unter Umständen auf mögliche Defekte hinweisen. Sie ermöglichen auch eine genaue Inspektion der Oberflächen von Rotorblättern und zeigen Risse, Abnutzung und sonstige Beschädigungen. Dies reduziert nicht nur das Risiko für Beschäftigte, sondern ermöglicht auch eine effizientere Wartung der Anlagen.

Baustellen

Auf Baustellen können Drohnen die Sicherheit von dort arbeitenden Personen erheblich verbessern. Verantwortliche überwachen mithilfe der Geräte etwa den Fortschritt der Arbeiten und erkennen Sicherheitsrisiken. Drohnen ermöglichen auch eine genaue Inspektion von Gebäuden und Strukturen in großer Höhe, ohne dass Arbeiterinnen oder Arbeiter auf Gerüste oder Krane klettern müssen.

So kann beispielsweise vor der Installation von Solaranlagen auf Dachanlagen der Zustand des Dachs begutachtet werden und mittels Übertragung der Drohnenbilder eine Live-Einweisung auf die Gegebenheiten der Dachbaustelle durchgeführt werden. Auch visuelle Inspektionen elektrischer Dachanlagen können einen Aufstieg von Personen entbehrlich machen, wenn stattdessen eine Drohne zum Einsatz kommt.

Auf das Wetter achten

Witterungseinflüsse können Drohnenflüge gefährden oder unmöglich machen. Unternehmen müssen Maßnahmen gegen entsprechende Gefahren vor dem Drohneneinsatz festlegen.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind für die Sicherheit ihrer Beschäftigten verantwortlich. Sie müssen letztlich entscheiden, ob Arbeiten mit Drohnen auch bei widrigen Sichtbedingungen stattfinden sollen.

Gefahrstoffe

Drohnen überwachen die Luftqualität und entdecken Leckagen von gefährlichen Stoffen. Sie können Bereiche erreichen, die für Menschen unzugänglich oder zu gefährlich sind. Dabei liefern sie detaillierte Daten, die zur Vorbeugung von Unfällen und zur Verbesserung der allgemeinen Sicherheit am Arbeitsplatz beitragen können.

Rettung an hoch gelegenen Arbeitsplätzen

Im Falle eines Unfalls an hoch gelegenen Arbeitsplätzen können Drohnen eine entscheidende Rolle bei der Rettung spielen. Wenn sie vorab zum Unfallort fliegen, übermitteln sie den Rettungskräften Informationen zur Einsatzplanung: beispielsweise den genauen Ort des Verunfallten, den Schweregrad der Verletzungen oder potenzielle Hindernisse für die Rettungskräfte. Zukünftig vorstellbar wäre auch, dass die Fluggeräte Erste-Hilfe-Ausrüstung wie Defibrillatoren oder Verbandsmaterial zum Unfallort bringen.

Wichtig ist jedoch: Drohnen sind lediglich eine Ergänzung zu traditionellen Rettungsmethoden und ersetzen diese nicht. Eine sorgfältige Schulung und Planung sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass der Einsatz der Geräte in Rettungssituationen effektiv und sicher ist.

Herausforderungen und Risiken

Trotz ihrer zahlreichen Vorteile gibt es auch Herausforderungen und Risiken, die Anwenderinnen und Anwender berücksichtigen müssen, wenn sie Drohnen nutzen. Dazu gehören rechtliche und regulatorische Fragen. Gesetze und Vorschriften für den Einsatz von Drohnen variieren je nach Land und Region. Es gibt auch technische Herausforderungen. Drohnen erfordern eine sorgfältige Wartung und sachkundige Bedienung und der Datenschutz spielt zum Beispiel bei der Nutzung von Drohnen mit Kamera oder Mikrofon ebenfalls eine wichtige Rolle.

Der Einsatz von Drohnen im Arbeitsschutz bietet zahlreiche Vorteile. Dazu gehört die Möglichkeit, gefährliche oder schwer zugängliche Bereiche sicher zu inspizieren, potenzielle Sicherheitsrisiken frühzeitig zu identifizieren und die Reaktionszeit in Notfällen zu verkürzen. Trotz der Herausforderungen und Risiken können Drohnen bei sorgfältiger Planung und Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften ein wertvolles Werkzeug für die Prävention von Arbeitsunfällen und die Verbesserung der allgemeinen Sicherheit am Arbeitsplatz sein. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen, die den Einsatz von Drohnen in Betracht ziehen, eine umfassende Gefährdungsbeurteilung durchführen. Außerdem müssen sie sicherstellen, dass sie über das notwendige Fachwissen und die geeignete Ausrüstung verfügen.

Erstveröffentlichung in etem 4/23, dem Arbeitsschutzmagazin der BG ETEM

Hintergrund: Die EU-Drohnenverordnung

Seit 2021 gelten unter Berücksichtigung bestimmter Übergangsfristen EU-weite Regelungen für den Betrieb von Drohnen. Ein zentraler Punkt ist die Einteilung der unbemannten Fluggeräte in die Kategorien „Offen“, „Speziell“ und „Zulassungspflichtig“.

Als „Offen“ gelten alle Drohnen mit einem Startgewicht von weniger als 25 Kilogramm, die nicht zum Transport von Menschen oder gefährlichen Gütern geeignet sind. Die meisten Drohnen gehören in diese Kategorie. Für sie gelten die folgenden Regeln:

  • Sie dürfen von Menschen ab 16 Jahren genutzt werden.
  • Für alle Betreiberinnen und Betreiber einer Drohne mit einem Startgewicht von mindestens 250 Gramm oder einer leichteren Drohne mit Kamera und/oder Mikrofon gilt: Sie müssen sich online beim Luftfahrt-Bundesamt registrieren und erhalten eine elektronische Regis­trierungsnummer. Diese ist auf allen genutzten Drohnen anzubringen.
  • Zudem besteht für alle Drohnen eine Versicherungspflicht und es muss entsprechend den Einsatzbedingungen ein EU-Kompetenznachweis oder EU-Fernpilotenzeugnis vorliegen.

Für Drohnen der Kategorien „Speziell“ und „Zulassungspflichtig“ gelten noch weitergehende Regeln.