COVID-19: „Superspreading“-Ereignisse in der Fleischindustrie

Je niedriger die Temperatur am Arbeitsplatz, desto höher das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus. Daneben beeinflusst die Frischluftzufuhr und welche Abstände die Beschäftigten einhalten das Infektionsgeschehen.  Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN), die das COVID-19-Ausbruchsgeschehen in Unternehmen der Fleischwirtschaft untersucht hat.

Corona-Ausbrüche trotz Schutzmaßnahmen

Im Jahr 2020 kam es trotz diverser Schutzmaßnahmen in Betrieben der Fleischindustrie zu größeren Ausbrüchen von COVID-19. Hierbei wurden Infektionsketten sowohl im privaten Bereich als auch im unmittelbaren Arbeitsumfeld vermutet. In den Fokus gerieten betriebsbezogene Faktoren wie Temperatur und Lüftungsbedingungen in den Betriebsstätten. Um den möglichen Zusammenhang zwischen arbeitsbezogenen Faktoren und dem Ausbruchgeschehen abzuschätzen, führte die BGN im Zeitraum Juni bis September 2020 eine Befragung zu Corona von Unternehmen der Fleischwirtschaft durch.

In der Studie wurden Corona-Schutzmaßnahmen in 22 Unternehmen der Fleischindustrie mit insgesamt 19.072 Beschäftigten untersucht. Bei einem Drittel der befragten Betriebe (sieben) handelte es sich um Betriebe mit vielen Infizierten (mehr als zehn), weitere fünf Unternehmen hatten zwischen null und zehn Infizierte und die restlichen zehn Unternehmen wiesen kein Infektionsgeschehen auf. In den beiden Betriebsgruppen mit Infizierten wurden mindestens 880 Beschäftigte positiv auf SARS-CoV-2 getestet.

Zunächst wurde der Einfluss der Temperatur untersucht: Je niedriger die Temperatur im Arbeitsbereich, desto höher die Wahrscheinlichkeit, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Sie steigt mit jeder Abnahme der Temperatur um ein Grad Celsius um drei Prozent.

Frischluft senkt Corona-Risiko

Die Abstände zwischen den Beschäftigten sind ebenfalls ein großer Faktor für das Corona-Infektionsgeschehen. Kann der Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten werden, ist die Wahrscheinlichkeit sich mit SARS-CoV-2 anzustecken, um 87 Prozent erhöht.

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In Arbeitsbereichen mit einer raumlufttechnischen Anlage sinkt dagegen das Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion um 24 Prozent gegenüber Räumen ohne Lüftungsanlage. Dabei beeinflusst auch die Menge der zugeführten Frischluft das Infektionsrisiko: Pro 100m³ zusätzlich zugeführter Frischluft pro Stunde und pro Person sinkt es um 34 Prozent. Werden dagegen nur 10m³ Frischluft zugeführt, verringert sich das Risiko einer Corona-Infektion nur um vier Prozent.

Ausreichend Frischluft und Mund-Nasen-Schutz

Die BGN kommt zu dem Fazit, das alle untersuchten Faktoren einen Einfluss auf das Corona-Infektionsgeschehen haben. Allerdings werden sich die Temperaturen in den Kühlbereichen in Betrieben der Fleischwirtschaft nicht im Sinne des Infektionsschutzes verändern lassen, auch sei es nicht immer möglich, den Mindestabstand von 1,50 Meter einzuhalten. Deshalb sei es umso wichtiger, das Betriebe der Fleischwirtschaft andere Maßnahmen zum Corona-Infektionsschutz wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und die ausreichende Versorgung mit Frischluft auch tatsächlich umsetzen und einhalten, betont die BGN. Entsprechende Handlungsempfehlungen finden sich auf der Webseite der BGN.

Die Studie zu den Einflussfaktoren auf das COVID-19-Ausbruchsgeschehen in Unternehmen der Fleischwirtschaft ist in der internationalen, multidisziplinären Online-Fachzeitschrift PLOS ONE unter dem Titel „Investigation of superspreading COVID-19 outbreak events in meat and poultry processing plants in Germany: A cross-sectional study“ veröffentlicht worden.

Ein Artikel von
Falk Sinß

5. Juli 2021

Kategorie

Wissen