Der Kontrolldruck wächst

Mit Beginn des neuen Jahres sind einige rechtlichen Neuerungen im Arbeitsschutz in Kraft getreten. Vor allem das Arbeitsschutzgesetz ist geändert worden. Darauf wies Ralph Klein in seinem Eröffnungsvortrag der 65. Arbeitsschutztagung 2022 im Haus der Technik in Essen hin, die am 27. Januar als hybride Veranstaltung stattfand. Im Arbeitsschutzgesetz haben sich mit Jahresbeginn Zuständigkeiten und Befugnisse der jeweiligen Landesarbeitsschutzbehörden geändert. Hier vor allem im Bereich des Fremdfirmenmanagements.

Wenn Beschäftigte mehrerer Firmen an einem Arbeitsplatz tätig sind, müssen deren Arbeitgeber bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenarbeiten und ihre Beschäftigten im Umgang mit den  möglichen Gefahren unterweisen. Das Ergebnis dieser Abstimmung muss laut §8 und §22 des Arbeitsschutzgesetzes schriftlich festgehalten und auf Wunsch der Behörde vorgelegt werden.

Keine Unverletzlichkeit der Wohnung mehr

Das Arbeitsschutzgesetz wurde zudem so geändert, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung nicht mehr gegeben ist. §22 sieht nun vor, dass die mit der Überwachung beauftragten Personen auch außerhalb der Betriebszeiten und ohne Einverständnis der Bewohner oder Nutzungsberechtigten eine Wohnung betreten dürfen, wenn sich darin eine Arbeitsstätte befindet.

Doch nicht nur für Betriebe hat sich einiges geändert, auch für die Landesarbeitsschutzbehörden bedeuten die Änderungen mehr Arbeit. Ab dem Jahr 2026 müssen pro Jahr fünf Prozent aller im Land vorhandenen Betriebe von den jeweiligen Aufsichtsbehörden besichtigt werden. Zurzeit erreichen die Landesarbeitsschutzbehörden meist eine Quote von zwei bis drei Prozent. Landesrecht kann diese Mindestbesichtigungsquote nicht verringern. Des Weiteren übermitteln die Landesarbeitsschutzbehörden ab 2023 die Ergebnisse der Betriebsbesichtigungen an die zuständige Berufsgenossenschaft.

Sichtbarkeit des Arbeitsschutzes nimmt zu

Über die Auswirkungen von Covid-19 auf den Arbeitsschutz berichtete Katrin Zittlau aus Sicht des Verbands für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI). Der Ausbruch der Pandemie sei auf eine sich im Wandel befindliche Arbeitswelt getroffen. Diese Arbeitswelt 4.0 sei gekennzeichnet durch die Dynamisierung von Raum, Zeit und Struktur, die Digitalisierung der Arbeit, eine zunehmende Diversität sowie den demografischen Wandel. Schon vor Ausbruch der Pandemie sei eine Zunahme der psychischen Belastungen zu beobachten gewesen. Durch Corona und die Arbeit von zu Hause aus sei diese Entwicklung beschleunigt worden. Das gelte auch für die Arbeit im Homeoffice. Der Anteil der Beschäftigten, die von zu Hause aus arbeite, habe sich verdoppelt, so Zittlau in ihrem Vortrag.

Die Corona-Pandemie habe zudem für eine größere Wertschätzung des Arbeitsschutzes gesorgt, sagte sie und verwies dabei auf Studien der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Eine Studie des VDSI, in deren Vorstand Zittlau sitzt, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Für diese Studie wurden Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sifas) interviewt. Die überwiegende Mehrheit ist demnach in die Maßnahmen gegen Corona eingebunden. Außerdem glauben die Befragten, dass sich die Sichtbarkeit aber auch der Stellenwert des Arbeitsschutzes insgesamt deutlich verbessert hätte. Häufigstes Thema in den Beratungen sei Corona gewesen. Der „normale“ Arbeitsschutz nehme hier nach Beratungen zur Gefährdungsbeurteilung sogar nur den dritten Platz ein. Gleichzeitig seien auch in den Beratungen digitale Hilfsmittel öfter zum Einsatz gekommen als noch vor der Pandemie.

Ganzheitliche betriebliche Prävention

Zittlau schloss ihren Vortrag mit einem Ausblick auf die Zukunft. Demnach würden Sifas künftig vermehrt die Rolle eines interdisziplinären Koordinators übernehmen. Die betriebliche Prävention werde ganzheitlicher, während die Gefährdungsbeurteilung als Methodik aus ihrer Sicht weiter ausgebaut werden sollte. Es würden vermehrt Konzepte zur Erreichbarkeit von Beschäftigten im Homeoffice und bei der mobilen Arbeit benötigt und die Frage nach der Form der Beratung – digital oder in Präsenz – würde öfter gestellt werden. Die neuen Themen der Arbeitswelt würden zunehmend die Inhalte der Beratungen bestimmen, weshalb die Arbeitsschutz-Leitbilder an gesundheitsfördernde  Konzepte angepasst werden müssten. Gleichzeitig müsse die individuelle Gesundheitskompetenz von Beschäftigten gestärkt werden.

Vorträge zur Prüfung von Arbeitsmitteln, zur Verantwortlichkeit von Führungskräften im Arbeitsschutz und zu Brand- und Explosionsgefahren sowie zum Arbeiten in Behältern rundeten die gelungene Arbeitsschutztagung ab, die coronabedingt als Hybrid aus Digital- und Präsenzveranstaltung stattfand.

Die nächste Arbeitsschutztagung im Haus der Technik findet am 26. Januar 2023 statt.

Ein Artikel von
Falk Sinß

2. Februar 2022

Kategorie

Wissen