Der Staub hat sich gelichtet
Wenn Berufsschullehrer Matthias Adelsberger angehenden Maurern des ersten Lehrjahres die Hallen für den Praxisunterricht zeigt und Sicherheitsbelehrungen durchführt, feixen die Azubis. Von Feinstaub und seiner Gefährlichkeit für die Gesundheit hören viele das erste Mal. Wie innenliegende Baustellen in ihrem späteren Berufsleben gehören die Bauhallen der Berufsschule im bayerischen Erding zu staubintensiven Orten. Bis 2020 – dann griff das strategische Konzept der Einrichtung zum staubfreien Praxisunterricht, das der Fachlehrer für Bautechnik zusammen mit der BG Bau umsetzte.
Nicht aus dem Staub machen
In der traditionsreichen Dr.-Herbert-Weinberger-Schule genießen Maurer, Schreiner und Zimmerer aus Erding und Freising ihre schulische Ausbildung. Arbeitsschutz steht mit auf dem Stundenplan, sowohl theoretisch als auch praktisch. Ein Steckenpferd von Matthias Adelsberger, der als Raumverantwortlicher jährliche Gefährdungsbeurteilungen erstellen muss. Die Fachausstellung Arbeitsschutz des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zur Staub-Exposition am Arbeitsplatz öffnete ihm 2017 die Augen für die Problematik. Er erkannte Handlungsbedarf und nahm die Punkte Staub und Lärm mit in die Gefährdungsbeurteilung der Berufsschule auf. „In unseren Bauhallen üben die Azubis unter anderem ihr Geschick an unterschiedlichen Mauerwerkstücken. Deren Rückbau ist eine staubige Angelegenheit“, erklärt der 41-Jährige. Im wiederverwertbaren Mörtel findet sich Quarz, und Quarzstaub gilt als gesundheitsschädigend, sogar krebserregend. „Ein einfacher Fototest im alltäglichen Betrieb zeigte auch ohne Messgeräte eine massive Feinstaubbelastung der Luft am Arbeitsplatz: Durch das vom Staub reflektierte Blitzlicht war das Foto weiß“, so Adelsberger. Heute ist das Foto klar. Was ist passiert?
Der Weg zur Staubfreiheit
Die Maurer-Azubis aller Ausbildungsjahrgänge besuchen alle sechs bis acht Wochen den Blockunterricht der Berufsschule Erding. In zwei großen Hallen arbeiten sie pro Tag acht Stunden lang an einem Werkstück – bauen, bewerten und zurückbauen. Rückbau und offene Mörtelboxen stellen die größten Staubquellen dar und verunreinigen die jeweils 1.200 m³ Luft fassenden Hallen. Da die Grenzwerte für Luftkontaminierung am Arbeitsplatz seit 2015 bedeutend verschärft wurden, tragen die Berufsschüler im Praxisunterricht durchweg Staubschutzmasken. Im Jahr 2017 ergaben Messungen vor Ort, dass das nicht ausreicht und Staubprävention sowie technische Luftreinigung unabdingbar ganz oben auf die Agenda gehören. In der Verantwortung für die Gesundheit von knapp 250 Azubis, einigte sich Matthias Adelsberger mit dem Träger der Einrichtung auf einen Fahrplan: „Eine fundierte Einschätzung der Lage durch die BG Bau und eine zielgerichtete Strategie war uns wichtig, denn wir wollten eine dauerhafte Lösung erreichen.“
Herausforderung Altbestand
Die baulichen Gegebenheiten und die wiederkehrenden Arbeitsprozesse vor Ort bildeten die Eckpfeiler der Konzeption. Nach Begutachtung durch die Berufsgenossenschaft feilten die Beteiligten zusammen an einem Maßnahmenkatalog. Während Staubschutz bei Neubauten gleich in der Bauplanung mitbedacht wird, kommt bei Altbeständen wie die der Erdinger Berufsschule nur eine technische Nachrüstung in Frage. „Da wir in jedem Raum lediglich ein Tor haben, ist keine Querlüftung möglich. Außerdem wollen wir Zugluft, Kälte und Energieverlust unbedingt verhindern“, beschreibt der Bayer die Ausgangssituation. „Ferner gibt es keine fest zugewiesenen Arbeitsplätze für die Schüler, sodass eine Absaugung direkt an den Staubquellen nur sehr schwer umsetzbar ist.“ Benachbarte Ausbildungseinrichtungen würden den Staub mit Wassernebel binden, was im Sommer zu subtropischen Verhältnissen im Innenbereich führe.
Adelsberger schwebte eine andere Lösung vor, die dem Stand der Technik entspricht und eine Vorbildwirkung erzielt. Die BG Bau stand mit systematischer Beratung zur Seite und riet zu starken und großvolumigen Luftreinigern, deren Anschaffung gefördert wird. Sie sollen die Partikel bodennah horizontal ansaugen, filtern und abscheiden. Damit Druckausgleich und Luftzirkulation gegeben sind, führen Rohre die gefilterte Luft nach oben und sorgen durch horizontales Ausblasen an der Decke für einen geschlossenen Luftkreislauf.
Eine Lösung von der Stange würde den Anforderungen nicht gerecht werden; das war dem Lehrer klar. Bei der Suche nach Anbietern achtete er zudem auf leise Geräte, denn die Lautstärke der Installation dürfe den Unterricht nicht beeinträchtigen. Das Rennen machte die vom Gelsenkirchener Spezialisten möcklinghoff Lufttechnik gefertigte DustBox, weil diese sowohl mobil als auch stationär verbaut arbeitet. Dass auch Wartung der Geräte und Filter sowie Luftstrommessung und Protokollierung über das Unternehmen laufen, kam dem gelernten Maurer entgegen.
Besenrein war gestern
Um bis zu 1.200 m³ Luft pro Halle sauber zu halten, installierten die Lufttechniker je zwei Hochleistungsluftreiniger DustBox 6000 mit schallgedämpften Wickelfalzrohren an den Wänden. So gelingt es, den Staub mit der gefilterten Luft zu Boden zu drücken. Dort saugen ihn die Luftreiniger an, bevor er in den Atemtrakt der Azubis und Lehrer gelangen kann. Dank effektivem Volumenstrom und Hauptfilter der Staubklasse H reinigt ein Gerät dieser Bauart pro Stunde 5.250 m³ Luft.
Für die zwei Mörtelboxen, in denen der benutzte Mörtel gesammelt und zur Wiederverwertung getrocknet und gesiebt wird, bauten die Auszubildenden sogenannte Einhausungen, die die Ausbreitung von Staub verhindern. Der darin entstehende Staub durchläuft die Filter der DustBox 2000. Eine zusätzliche mobile Variante der Größe 1000 setzt die Berufsschule an verschiedenen staubigen Quellen ein, wie zum Beispiel beim Trockenbau oder Werkstück-Zuschnitt. Dem staubfreien Konzept konsequent folgend, verbannte die Ausbildungsstätte alle Besen: Um keine Partikel aufzuwirbeln, verwenden Reinigungskräfte für Böden nun Schieber und Sauger.
Maßnahmen zeigen Wirkung
Die dauerhaft laufenden Luftreiniger arbeiten leise und verlässlich. Je nach Hallennutzung und Staubintensität regulieren Eingewiesene die Leistung der Geräte, was der Energieeffizienz zugutekommt. Eine Referenzmessung der BG Bau in Bauch- und Kopfhöhe der Anwesenden bewies im Oktober 2020 die gute Raumluft-Qualität im Schulbetrieb. Durch alle Maßnahmen konnte die Einrichtung laut Adelsberger zudem im regulären Ablauf viele Staubschutzmasken einsparen. Der Besuch des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) wurde derweil zur Institution: Jede Klasse nimmt zu Jahresbeginn an der Informationsveranstaltung teil und bekommt ein Gefühl für die Staubproblematik. „Wir wollen hier, wie in vielen Dingen, Vorbild sein und den Blick der Schüler für ihre weitere Karriere schärfen“, erklärt Adelsberger und führt weiter aus: „Wir wissen, dass es in puncto Arbeitsschutz in vielen Betrieben noch nicht optimal läuft und Azubis Botschafterrollen einnehmen können.“