Jeder Zweite geht krank zur Arbeit
Rund die Hälfte aller Beschäftigten geht manchmal, häufig oder sogar sehr häufig krank zur Arbeit. Weibliche Beschäftigte neigen dabei eher zu Präsentismus als ihre männlichen Kollegen. So geben 56 Prozent der befragten Frauen an, manchmal, häufig oder sehr häufig krank zu arbeiten, bei den Männern sind es 47 Prozent. Das ist ein Ergebnis der Beschäftigtenstudie „How’s work? Was Beschäftigte in Deutschland bewegt und belastet“, die das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) zusammen mit der Techniker Krankenkasse (TK) durchgeführt hat. Für die Studie wurden zwischen 2018 und 2021 mehr als 11.000 Beschäftigte aus 43 Unternehmen und Öffentlichen Einrichtungen befragt.
Präsentismus hat negative Folgen
„Wenn Mitarbeitende trotz Krankheit arbeiten, kann das nicht nur für sie selbst negative Folgen haben, sondern auch für das Unternehmen. Krankheiten werden verschleppt, Kolleginnen und Kollegen angesteckt und es passieren mehr Fehler“, sagt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. „Es reicht nicht, als Unternehmen nur auf Fehlzeiten zu schauen. Zu einem zukunftsfähigen Betrieblichen Gesundheitsmanagement gehört auch der Blick auf Themen wie Präsentismus – ganz besonders in Zeiten von mehr Homeoffice und flexiblen Arbeitsmodellen.“ Ob Beschäftigte krank zur Arbeit gehen, hängt auch mit der Arbeitslast in ihrem Job zusammen: Wer viele Überstunden macht oder generell zu wenig Zeit für berufliche Aufgaben hat, geht häufiger krank zur Arbeit. Dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer belastet sind, zeigt die Befragung: Ein Drittel macht demnach oft oder immer Überstunden, knapp 40 Prozent haben oft oder immer zu wenig Zeit, um alle beruflichen Aufgaben zu erledigen.
Vier von zehn Beschäftigten bekommen kaum Feedback
Die Beschäftigtenstudie zeigt außerdem: Schlüsselfaktoren für eine höhere Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten sind eine gute, wertschätzende Führung sowie die Möglichkeit, Einfluss auf die eigene Arbeit nehmen zu können. Fast sechs von zehn Befragten geben an, ihre Aufgaben oft oder immer selbst beeinflussen zu können. Das heißt aber auch: Vier von zehn können dies nur manchmal, selten oder sogar nie. „Auch beim Thema Führung gibt es für die Unternehmen noch Potenzial“, sagt Dr. Utz Niklas Walter, Leiter des IFBG. So geben fast 40 Prozent der Befragten an, nie, fast nie oder selten von ihren Führungskräften Feedback zur Qualität ihrer Arbeit zu bekommen, rund 30 Prozent, dass ihre Arbeit wenig Wertschätzung vom Management oder der Führungskraft erfährt.
„Eine gesunde Feedbackkultur ist sehr wichtig für Leistung und Motivation. Hier ist es aber zu einfach, nur die Führungskräfte zu kritisieren, von denen viele einen tollen Job machen. Als Beschäftigter sollte ich Feedback auch bewusst einfordern“, so Walter. Und der Studienleiter des IFBG fügt an: „Wertschätzung trägt dazu bei, dass Mitarbeitende ihre Arbeit als sinnstiftend empfinden. Wir sehen in den Ergebnissen, dass diese Führungsfaktoren Beschäftigte nicht nur zufriedener machen, ihr Gesundheitszustand ist auch besser.“ Der TK-Vorstandsvorsitzende Baas ergänzt: „Wir möchten Unternehmen für diese Themen sensibilisieren und sie unterstützen. Viele Unternehmen investieren schon in ein gesundes Arbeitsumfeld ihrer Mitarbeitenden – es ist aber auch noch Luft nach oben. Wichtig ist, dass die Strategien zur sich verändernden Arbeitswelt passen. Gleichzeitig sind auch die Beschäftigten selbst gefragt, Angebote einzufordern, zu nutzen und sich um ihre Gesundheit zu kümmern.“
Lange Zeit am Bildschirm als Belastung
Die Befragungsergebnisse zeigen auch: Äußere Faktoren wie zum Beispiel die Gestaltung des Arbeitsplatzes spielen für viele Beschäftigte eine wichtige Rolle – und viele wünschen sich hier auch mehr Angebote ihres Arbeitgebers. Die Top-Belastungsfaktoren, durch die sich die Befragten sehr stark oder stark belastet fühlen, sind lange Bildschirmzeiten (56 Prozent) und die Arbeitshaltung (48 Prozent), gefolgt von der Raumtemperatur (19 Prozent) und Lärm (17 Prozent).