New Work: Verhandlungs-Performance sinkt im Homeoffice

Studie der Universitäten Hohenheim und Potsdam beleuchtet die Vor- und Nachteile beim Verhandeln aus dem Homeoffice. Die Nachteile ließen sich verringern, so das Forschungsteam.

Auch berufliche Verhandlungen werden von dem häuslichen Arbeitssetting beeinflusst, wie eine aktuelle Studie der Universitäten Hohenheim und Potsdam in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Verhandlungsforschung e.V. (DGVF) belegt. Zwar schätzen Verhandlerinnen und Verhandlern die Flexibilität und Autonomie des Homeoffices. Mit den Verhandlungen insgesamt ist ein Großteil der Befragten jedoch eher unzufrieden. Mit einer besseren Vor- und Nachbereitung der Verhandlungen ließe sich das verbessern, sagt das Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Markus Voeth (Hohenheim) und Prof. Dr. Uta Herbst (Potsdam). 

„Der Anspruch der Arbeitnehmenden, auch aus dem Homeoffice heraus gute Arbeit zu leisten, ist hoch. Dazu gehört auch, erfolgreiche Verhandlungen zu führen und die eigenen Ziele zu erreichen“, erklärt Joana Roth, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marketing & Business Development der Universität Hohenheim.

„Gleichzeitig gibt es im Homeoffice einige Faktoren, die das Verhandeln schwieriger machen. Zum Beispiel der Konflikt zwischen Arbeit und Familie“, ergänzt Jacqueline Sube, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marketing der Universität Potsdam.

Mit diesen Aussagen stützen sich Roth und Sube auf Ihre Umfrage mit über 400 Praktikerinnen und Praktikern, die aus dem Homeoffice heraus verhandeln. Befragt wurden Vertreterinnen und Vertretern aus unterschiedlichen Branchen und Positionen. Die Online-Umfrage wurde nach zwei Jahren Pandemie im Sommer und Herbst 2022 durchgeführt.

Einerseits werden Verhandlungsziele im Homeoffice effizienter verfolgt …

Ein Großteil der Befragten sieht es als vorteilhaft an, den eigenen Arbeitsalltag im Home-Office flexibler gestalten zu können. Auch steigt im Homeoffice laut Angaben der Befragten auch der Erfolgsanspruch an die geführten Verhandlungen.

Zudem werden die aus dem Homeoffice geführten Verhandlungen als effizienter wahrgenommen. So geben die Befragten beispielsweise an, sich mehr auf die wesentlichen Aspekte zu konzentrieren und die Zeitplanung in Bezug auf die Verhandlungen besser zu kontrollieren.

… andererseits fehlt der Austausch zwischen den Parteien, was zu Unzufriedenheit führt 

Gleichzeitig sinkt im Homeoffice die Verbindlichkeit der Verhandelnden gegenüber dem Arbeitgeber und den Verhandlungspartnern. So fehle im Vorfeld der Verhandlungen oft der Austausch mit Vorgesetzten oder im Team, in dem Ratschläge ausgetauscht werden oder an gemeinsame Verhandlungsziele erinnert wird. Auch der informelle Austausch mit dem Verhandlungsgegenüber, der für einen gemeinsamen Verhandlungserfolg eine wichtige Rolle spielt, käme bei digitalen Verhandlungen zu kurz.

Das Fazit des Forschungsteams: Obwohl die Verhandlungsziele im Homeoffice effizienter verfolgt werden, ist ein Großteil der Befragten mit der Performance eher unzufrieden und glaubt, keine besseren Verhandlungsergebnisse zu erzielen.

Gute Vorbereitung und das Feiern von Erfolgen können Verhandlungsperformance erhöhen

Die Frage, wie sich Verhandlungen aus dem Homeoffice erfolgreicher gestalten ließen, vertieften das Forschungsteam und der DGVF-Vorstand in einem interaktiven Workshop mit rund 80 Praktikerinnen und Praktikern.

Ergebnis: Bereits eine gute Vorbereitung könne die Zufriedenheit mit Verhandlungen positiv beeinflussen. „Tatsächlich existieren bereits eine Reihe von interaktiven Tools und Techniken, durch die sich digitale Verhandlungen besser gestaltet lassen werden. So lässt es sich bereits durch simples Screensharing leichter über die abgegebenen Angebote und Konzessionsschritte sprechen“, sagt Joana Roth. So könnten Arbeitgeber die verhandelnden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beispielsweise durch Kompetenztrainings zur Nutzung digitaler Medien schulen.

Organisationen könnten zudem einen Verhaltenskodex für digitale Verhandlungen festlegen. „Dadurch können Unternehmen vor allem möglichen Unsicherheiten begegnen – etwa, was passiert, wenn Zoom ausfällt oder das Kind früher aus der Schule kommt und in die Verhandlung platzt“, erklärt Sube.

Und auch im digitalen Raum sei sozialer Austausch möglich: „Indem man Erfolge digital im Team feiert, lässt sich die Motivation der Mitarbeitenden steigern“, so Roth. Dieser motivierende Faktor könne auch im Homeoffice genutzt werden. Etwa indem auch digital auf einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss angestoßen wird.

HINTERGRUND:
Studie „New Work & Verhandlungen“ und Dt. Gesellschaft für Verhandlungsforschung 

Die Studie „New Work & Verhandlungen“ unter der Leitung von Prof. Dr. Voeth von der Universität Hohenheim und Prof. Dr. Herbst von der Universität Potsdam wurde von der Deutschen Gesellschaft für Verhandlungsforschung (DGVF) in Auftrag gegeben. Im Zentrum der Studie stand die Frage, wie sich die New Work Bedingungen auf das Verhandlungsverhalten auswirken.

Die gemeinnützige „Deutsche Gesellschaft für Verhandlungsforschung“ wurde im April 2019 ins Leben gerufen. Sie stellt eine Dialogplattform für Wissenschaft und Praxis für das Thema „Verhandlungen“ dar. Zweck des Vereins ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet des Verhandlungsmanagements, die Initiierung und Unterstützung von Studien zu aktuellen Themen sowie die öffentliche Stellungnahme zu gesellschaftlich relevanten Verhandlungsthemen. Zur Erreichung dieses Ziels führt die DGVF regelmäßig Vorträge und Dialogveranstaltungen mit Mitgliedern und Verhandlungsexperten durch.

Ein Artikel von
Redaktion Prävention aktuell

18. Januar 2023

Kategorie

Wissen