Sichere Schädlings­bekämpfung

Auf dem alten Dachboden haben sich Wespen ein Nest gebaut, der Keller wird von Mäusen bevölkert und im Garten treibt der Buchsbaumzünsler sein Unwesen: In solchen Fällen kann oft nur noch eine professionelle Schädlingsbekämpfung helfen. Dann rückt der Kammerjäger an und beseitigt die Störenfriede, indem zum Beispiel Fallen aufgestellt oder Gegenmittel gespritzt werden. Doch auch wenn Pestizide heutzutage kaum noch zum Einsatz kommen und vor allem auf biologische Verfahren zur Schädlingsbekämpfung gesetzt wird, um Mensch und Umwelt zu schonen, bleibt die Schädlingsbekämpfung ein gefährlicher Beruf.

Die Tätigkeit des Kammerjägers erfordert nicht nur Know-how, sondern oft auch körperlichen Einsatz mit vielfältigen Gesundheitsbelastungen und Unfallrisiken. Arbeiten in Zwangshaltungen an schwer zugänglichen Stellen sind ebenso keine Seltenheit wie Abstürze bei Arbeiten in der Höhe, Unfälle auf Baustellen oder in maroden Gebäuden, Infektionen oder auch Verkehrsunfälle. Die Zahl der Arbeitsunfälle ist bei Schädlingsbekämpfern höher als in anderen Branchen. Schädlingsbekämpfer sind also gut beraten, ein großes Augenmerk auf den Arbeitsschutz zu legen.

Schädlingsbekämpfung beginnt mit der Planung

Das beginnt schon bei der Planung. Bevor die eigentliche Schädlingsbekämpfung beginnt, sollte der Einsatzort in Augenschein genommen werden: Wie ist der Dachboden oder der Keller beleuchtet? Ist die Treppe des maroden Hauses noch sicher genug? Wie lässt sich das Taubenabwehrsystem am einfachsten anbringen? All diese Fragen müssen vor der eigentlichen Arbeit beantwortet werden. Das  geht nur mit einer Gefährdungsbeurteilung, die zwingend vor Beginn der Tätigkeit durchgeführt werden muss. Anhand dieser können die Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip (Substitution der Gefahrenquelle, Technische, Organisatorische und Persönliche Schutzmaßnahmen) abgeleitet und durchgeführt werden.

Für gefährliche Arbeiten sollten immer mindestens zwei Beschäftigte eingesetzt werden. So lassen sich viele Unfälle vermeiden.  Falls doch etwas passiert, ist sofort Hilfe da – vorausgesetzt die Rettungskette von der Ersten Hilfe bis zum Notarzt funktioniert.

Große Absturzgefahr in der Schädlingsbekämpfung

Eine typische Unfallursache ist eine ungenügende Beleuchtung, wie sie auf Dachböden oder in Kellerräumen anzutreffen ist. Wenn das Tageslicht oder die normale Beleuchtung nicht ausreicht, müssen Schädlingsbekämpfer am Einsatzort Arbeitsleuchten verwenden, um alles gleichmäßig auszuleuchten.

Geeignetes Schuhwerk ist ebenso wichtig. Dieses kann Stürze und Verletzungen verhindern. Liegt der  Einsatzort  in einem privaten Haushalt oder einem Büro, dann reichen Sicherheitsschuhe mit Zehenschutz und rutschfester Sohle. Auf Baustellen oder Dachböden sind durchtrittsichere Sicherheitsschuhe vorgeschrieben.

Die größte Gefahr für Schädlingsbekämpfer geht jedoch nicht von Insekten oder Tieren aus –, sondern von Leitern. Bei rund drei Vierteln aller gemeldeten Arbeitsunfälle von Schädlingsbekämpfern handelt es sich laut Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) um Abstürze, teils mit schweren Verletzungen wie Knochenbrüchen oder Kopfverletzungen. Und Leitern spielen bei diesen Stürzen häufig eine Rolle, da sie ein gängiges Arbeitsmittel sind. Oftmals eignen sich Teleskopstangen oder Gerüste besser als eine Leiter.

Eine weitere Gefahrenquelle sind nichttragfähige Dachböden, Stolperfallen, morsche Balken oder verdeckte Bodenluken. Schädlingsbekämpfer sollten, sofern erforderlich, den Dachboden mit Gehbalken absichern und Stolperfallen aus dem Arbeitsbereich entfernen.

Schädlingsbekämpfer brauchen Verkehrssicherheit

Eine weitere Gefahrenquelle für Schädlingsbekämpfer ist der Straßenverkehr. Kammerjäger sind meistens auswärts im Einsatz und müssen zu ihren Kunden fahren. Entsprechend hoch ist das Unfallrisiko. Darüber hinaus transportieren Schädlingsbekämpfer gefährliche Güter wie feuergefährliche oder giftige Gefahrstoffe. Ein 2-kg-Pulverlöscher der Brandklassen A, B und C muss deshalb immer mitgeführt werden. Der Feuerlöscher muss sicher fixiert und für den Fahrer trotzdem leicht zugänglich sein. Eine Unterweisung des Fahrers in der Handhabung des Pulverlöschers ist verpflichtend. Die Ladung ist im Fahrzeug sicher zu verstauen. Das heißt, es muss eine Trennwand, ein Schutzgitter oder Netz zwischen Laderaum und den Sitzen vorhanden sein. Chemikaliengebinde dürfen nur in geeigneten, mit Deckel verschließbaren Kisten und Behältern transportiert werden, und es müssen genügend Anschlagpunkte für Ladungssicherungsgurte vorhanden sein.  Selbstverständlich müssen die entsprechenden Schutz- und Transportvorschriften beachtet werden, wenn Chemikalien in größeren Mengen transportiert werden. In solchen Fällen ist es besser, sofern möglich, die Chemikalien vom Lieferanten direkt zum Einsatzort senden zu lassen.

Ergonomische Hilfsmittel

Schädlingsbekämpfer müssen oft kniend, gebeugt oder in der Hocke arbeiten, manchmal vielleicht auch über Kopf. Schmerzen in Nacken, Schultern oder Rücken sind die Folge. Deshalb sollten immer Hilfsmittel eingesetzt werden, die den Körper entlasten. Wenn das nicht möglich ist, sollte man die Arbeit umorganisieren, um dauerhaften Schädigungen am Muskel-Skelett-System der Beschäftigten vorzubeugen.

Auch wenn die Giftkeule in der heutigen Schädlingsbekämpfung deutlich seltener zum Einsatz kommt als in vergangenen Zeiten, nutzen Schädlingsbekämpfer Gefahrstoffe.  Biozide können beispielweise über Haut oder Atemwege aufgenommen werden, dasselbe kann beim Anmischen von Köderpräparaten passieren. Eingesetzte Sprays und Aerosole können ebenfalls die Atemwege reizen, gleichzeitig sind sie häufig leicht entflammbar. Aus diesem Grund muss ein Gefahrstoffverzeichnis erstellt werden, in dem alle gefährlichen Arbeitsstoffe im Betrieb und die verwendeten Mengen erfasst sind.

Einsatz von Gefahrstoffen

Der wirksamste Schutz vor Gefahrstoffen ist, diese nicht zu verwenden. Das ist natürlich oft nicht möglich, doch wo es weniger gesundheitsschädliche Alternativen gibt, sollten diese eingesetzt werden. Darüber hinaus dürfen Schädlingsbekämpfungsmittel nur versprüht werden, wenn alle Beteiligten entsprechende Schutzkleidung, Schutzbrille und Atemschutz tragen.

Schutzkleidung, Schutzbrille und Atemschutz helfen aber nicht nur gegen chemische oder biologische Gefahrstoffe, sondern schützen auch vor Krankheitserregern, die von Schädlingen übertragen werden können.

Schutzhandschuhe sind ein weiterer wichtiger Teil der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA), die vor Gefahrstoffen und Krankheitserregern schützen soll. Gleichzeitig wird die Haut belastet, wenn regelmäßig über mehrere Stunden Handschuhe getragen werden. Nach zwei Stunden Feuchtarbeit, dazu zählt die Arbeit mit Schutzhandschuhen, braucht die Haut eine Pause. Man sollte dann die Handschuhe ausziehen und einer anderen Tätigkeit nachgehen. Schädlingsbekämpfungsunternehmen sind dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten immer genügend Schutzkleidung sowie geeignete Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegepräparate zur Verfügung zu stellen.

Brandschutz für Schädlingsbekämpfer

Da Schädlingsbekämpfer mit leicht entzündlichen Mitteln arbeiten, ist auch auf den Brandschutz zu achten. Das heißt, es sollten am Einsatzort nicht mehr Gefahrstoffe als nötig gelagert werden, größere Mengen entzündlicher Flüssigkeiten und Sprays dürfen nur in einem Sicherheitsschrank oder einem geeigneten Lagerraum, Flüssiggasflaschen nur gut gesichert im Freien aufbewahrt werden. Ausführliche Schutzvorschriften finden Schädlingsbekämpfer in der Betriebssicherheitsverordnung und den Brandschutzverordnungen der Länder.

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zeigt in ihrer Broschüre „Gefährdungsbeurteilung für die Schädlingsbekämpfung“ anhand praktischer Beispiele, an welchen Stellen die Arbeitssicherheit gefährdet sein könnte. Gleichzeitig liefert sie einen Überblick über die geltenden Vorschriften. Die Arbeitsblätter erlauben es, ohne großen Aufwand regelmäßig alle relevanten Arbeitsbereiche systematisch unter die Lupe zu nehmen und notwendige Arbeitsschutzmaßnahmen zu ermitteln. Die Broschüre „Gefährdungsbeurteilung für die Schädlingsbekämpfung“ kann kostenlos heruntergeladen werden.

Ein Artikel von
Falk Sinß

11. August 2021

Kategorie

Wissen