Was steckt in der Pipeline?

Forschung  zur  smarten  PSA

Produkte gibt es noch wenige, Forschungsprojekte dagegen umso mehr. Smarte PSA stellt erhebliche Herausforderungen dar. Seien es neuartige Materialien, Sensoren, die Verarbeitung der Daten oder die Kommunikation mit der Außenwelt; das alles bedarf zunächst umfangreicher wissenschaftlicher Forschung. PRÄVENTION AKTUELL stellt einige Projekte vor.

Text: Franz Roiderer (Redaktion)

AUF DEN PUNKT

  • Innovative Energiegewinnungsmethoden wie ­thermoelektrische Generatoren und Dünnschicht­solarzellen sollen PSA mit Strom versorgen
  • Das Projekt „Autsch“ entwickelt sich autonom prüfende Arbeitsschutzbekleidung für Elektrofachkräfte
  • Der Smart Helmet, ein Prototyp aus dem BauPrevent-Projekt, demonstriert die Zukunft des technologie­gestützten Arbeitsschutzes mit Sensorik, Aktorik und KI-Unterstützung

Wie jede digitale Technik braucht auch smarte persönliche Schutzausrüstung (PSA) eine Energiequelle, um arbeiten zu können. Dabei handelt es sich in der Regel um Strom. Der kann von Akkus geliefert werden, das ist also eigentlich kein Problem. Doch was, wenn der Akku leer ist? Die Lösung könnte direkt in der PSA erzeugter Strom sein.

Im Leibniz-Institut für Photonische Technologien in Jena wird an einer auf Textilien basierenden autarken Energieversorgung geforscht. Dafür nutzen die Jenaer Forscherinnen und Forscher thermoelektrische Generatoren, die die körpereigene Wärme in elektrische Energie umwandeln (Seebeck-Effekt). Durch Temperaturunterschiede zwischen der Hautoberfläche des Nutzers und der Umgebungstemperatur konnten die Wissenschaftler thermoelektrische Effekte mit Leistungen von bis zu 0,2 Mikrowatt messen.

Auch die Sonne kann zur Energiegewinnung genutzt werden. „Dünnschichtsolarzellen für technische Textilien“ nennt das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme in Dresden sein Projekt, das es zusammen mit mehreren Kooperationspartnern durchführt. Man könnte es auch „Strom aus Stoff“ nennen. Die Herausforderung besteht darin, die bisher starren Solarzellen, wie man sie von Dächern kennt, biegsam zu machen. Die Forscher verwenden kein Glas oder Silizium wie bei herkömmlichen Solarmodulen, sondern Textilien als Substrat.

Sächsisches Forschungscluster: Taktile Visionen für die Zukunft

Ein besonders innovatives Forschungscluster hat sich in Sachsen gebildet. Die Forschungsgruppe tactile vision an der HTW Dresden hat sich zum Ziel gesetzt, die Rolle des grundlegendsten menschlichen Sinns, des Tastsinns, hinsichtlich der Mensch-Maschine-Interaktion zu erforschen. In der Interaktion mit Maschinen nimmt der taktile Sinn gegenüber dem visuellen und auditiven bisher eine untergeordnete Rolle ein.

Die Forschungsgruppe entwickelt dazu eigene Hardware, sogenannte vibrotaktile Displays. Diese Vibrationsmotoren können punktuell angesteuert und als Displays verteilt auf der Haut angebracht werden. Mit selbst entwickelter Software und einem eigenen Datenformat können komplexe taktile Muster entwickelt und erprobt werden.

Das Einsatzspektrum der taktilen Schnittstellen ist beeindruckend breit: Es reicht von der Übertragung grundlegender Informationen bis hin zur Substitution menschlicher Sinne. Vibrotaktile Displays sollen zukünftig auch in Schutzkleidung wie Schuhen inte­griert werden und können dem Träger über den Tastsinn wichtige Informationen übermitteln.

Ein weiteres sächsisches Projekt im Bereich der smarten PSA trägt den prägnanten Namen „Autsch“. Das Projekt will eine sich autonom prüfende Arbeitsschutzbekleidung für Elektrofachkräfte entwickeln. Diese Bekleidung soll die Fachkräfte über mögliche Gefahrenquellen informieren und autonom die Prüfroutinen aktivieren. Die Ziele des Projekts umfassen die Geschlossenheitsprüfung der Schutzausrüstung, die automatische Aktivierung der Ausrüstung und die multimodale Ausgabe von Informationen.

Die Arbeitsschutzbekleidung dient dem Schutz der technischen Fachkräfte vor schweren Verletzungen durch Störlichtbögen. Die Schutzwirkung wird durch die autonome Prüfung der Geschlossenheit und Vollständigkeit der Schutzbestandteile wie Jacke, Hose, Handschuhe, Gesichtsschutz sowie Schutzhelm aufrechterhalten. Die Aktivierung der Prüfung erfolgt beim Betreten elektrischer Betriebsstätten. Warnhinweise und Informationen werden über eine in die Kleidung integrierte multimodale Mensch-Maschine-Schnittstelle ausgegeben. Die erfassten Informationen werden in einer Cloud gesichert.

BauPrevent: Echtzeitüberwachung für Handwerker und Bauarbeiter

Das Förderprojekt „BauPrevent“ verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zur Verbesserung der Arbeitssicherheit im Baugewerbe. Ziel ist es, ein praxistaugliches System für Handwerker und Bauarbeiter zu entwickeln, das in Echtzeit die körperlichen Belastungen misst und auswertet. Dieses System soll den Menschen bei einer Fehlhaltung sofort warnen und zusätzlich Handlungsempfehlungen für die körperlich korrekte Ausführung beziehungsweise Vorschläge für Ausgleichsübungen liefern, um den Körper langfristig zu schützen.

Ein Highlight des BauPrevent-Projekts ist der Smart Helmet, ein Bauhelmprototyp mit Sensorik, Aktorik und Interkonnektivität. Der Träger erhält unmittelbar Feedback über verschiedenste Gefahrensituationen. Dazu gehören beispielsweise Warnungen vor sich in der Nähe befindlichen schwebenden Lasten, UV-, Geräusch- oder Gefahrstoffbelastungen. Auch Notfallmeldungen bei Störfällen oder eine Evakuierung von Baustellenbereichen werden dem Träger mittels LED-Streifen oder Vibrationsmotoren signalisiert.

Die Helme stehen in ständiger Verbindung zum Leitstand und sind mittels Broadcasting untereinander vernetzt. So können Gefahrenmeldungen von einem Helm erfasst und an weitere Helme in der Umgebung gesendet werden. Diese Technologie ermöglicht es auch, dass Helme an weiter entfernten Stellen, beispielsweise vom Kellergeschoss bis ins zehnte Obergeschoss, miteinander kommunizieren und so die Datenübertragung gewährleisten können.