Gefährliche Energiespeicher

Immer öfter liest und hört man von Bränden und Explosionen bei Akkus von Telefonen, E-Scootern oder kabellosen Werkzeugmaschinen. Wie kommt es dazu und wie kann man sie vermeiden?

München im April 2021: Mitten in der Nacht explodiert im fünften Stock eines Wohnhauses der Akku eines Elektrorollers. Schnell steht das ganze Stockwerk in Flammen. Die Bewohner können sich gerade noch retten, die Feuerwehr bringt den Brand unter Kontrolle, aber die Wohnungen sind zerstört.

Lithium-Ionen-Akkus sind heute ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Lebens. Sie liefern Smartphones, Laptops, E-Bikes oder Mäh- und Saugrobotern die nötige Energie. Man findet sie aber auch in E-Autos und Elektrobussen. Im betrieblichen Umfeld gibt es weitere Einsatzmöglichkeiten wie beispielsweise in Flurförderzeugen. Es gibt die Akkumulatoren in zahlreichen Größen und Bauformen sowie in unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen. Alle arbeiten jedoch auf der Basis von Ionen – also elektrisch geladenen Molekülen – des Alkalimetalls Lithium.

Die Verwendung dieses Typs erlaubt durch seine hohe spezifische Energie (Energie pro Eigenmasse) vergleichsweise kleine und leichte Akkumulatoren. Die Bauweise macht die Batterien zwar kompakt, birgt aber auch negative Effekte. Bereits ab einer Temperatur von 80 Grad Celsius können sich Zellen zersetzen und die Zersetzung weiterer Zellen verursachen. Es kommt zu einer Kettenreaktion, die den Akku schließlich brennen oder explodieren lässt, dieser Vorgang wird „thermisches Durchgehen“ genannt.

Bereits ab einer Temperatur von 80 Grad Celsius können sich Zellen zersetzen und die Zersetzung weiterer Zellen verursachen. Es kommt zu einer Kettenreaktion, die den Akku schließlich brennen oder explodieren lässt, dieser Vorgang wird „thermisches Durchgehen“ genannt.

AN DER OBERFLÄCHE DER ZELLE ENTSTEHEN TEMPERATUREN VON BIS ZU 800 GRAD CELSIUS

Gefährliche Energiespeicher: Handy-Akkus
Illustration: stock.adobe.com/Destina, Liebchen+Liebchen GmbH

Lithium-Ionen-Akkus und die darin befindlichen Zellen haben in der Regel ein Batteriemanagementsystem, das sie beispielsweise vor Überladung oder Tiefentladung schützt, und lassen sich daher sicher betreiben. Sollte sich jedoch eine Zelle etwa durch Wärme, Überladung oder mechanische Beschädigung zersetzen, entstehen an der Oberfläche der Zelle Temperaturen bis zu 800 Grad Celsius. Die Zelle platzt und bläst ihren Inhalt unter Überdruck nach außen ab. Dabei entsteht ein meist weißer bis grauer „Nebel“ aus Elektrolyten und anderen Zellbestandteilen.

Gefährliche Energiespeicher: E-Scooter
Illustration: Liebchen+Liebchen GmbH

Dieser Nebel ist ein Gefahrstoff, der giftig, ätzend und entzündbar ist – und so auch eine Stichflamme verursachen kann. Neben den üblichen Brandgasen kann er auch Schwermetalle, Fluorwasserstoff, Phosphorsäure oder Phosphorwasserstoffverbindungen enthalten. Zusätzlich sind Beschäftigte durch umherfliegende Splitter oder durch Hitze und Flammen gefährdet.

Ein Betrieb, der regelmäßig größere Mengen von Lithium-Ionen-Akkus verwendet oder lagert, gilt als Arbeitsstätte mit erhöhter Brandgefährdung im Sinne der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“. Das Unternehmen muss daher neben der Grundausstattung mit geeigneten Feuerlöscheinrichtungen zusätzliche betriebs- und tätigkeitsspezifische Brandschutzmaßnahmen ergreifen. Näheres dazu findet sich in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 800 „Brandschutzmaßnahmen“. Zudem müssen die Beschäftigten, die Akkus verwenden, dafür qualifiziert und unterwiesen sein.

Wird im betrieblichen Zusammenhang ungewöhnliche Hitze­entwicklung oder Rauch bei einem Lithium-Ionen-Akku festgestellt, muss man ihn sofort in einen dafür zugelassenen Behälter mit Druckentlastungsöffnung oder in einen ausreichend großen Wasserbehälter legen. Das gilt aber nur, wenn das ohne Eigengefährdung möglich ist oder diese durch geeignete persönliche Schutzausrüstung (PSA) minimiert werden kann. Der Behälter wird danach an einen Ort im Freien gebracht, in dessen Nähe sich kein brennbares Material befinden darf.

DIE GESETZLICHE UNFALLVERSICHERUNG RÄT DAVON AB, AKKUBRÄNDE SELBST ZU LÖSCHEN

Die gesetzliche Unfallversicherung rät davon ab, Akkubrände selbst zu löschen, die Eigengefährdung sei zu groß. Wenn doch, dann nur mit PSA wie Schutzhandschuhen, Schutzkleidung, Gesichts- sowie Atemschutz. Auch die Zusammensetzung des Löschmittels ist wichtig, es dürfen keine Feuerlöscher eingesetzt werden, die beispielsweise ABC- oder BC-Pulver, Metallbrandpulver oder Kohlendioxid (CO2) enthalten. Geeignet sind dagegen wasserbasierte Löschmittel. Der Akku wird dann, wie oben beschrieben, in geeignete Behälter gelegt, da sich die Batterie rückentzünden kann.

Der Fachbereich „Feuerwehren ­Hilfeleistungen Brandschutz“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) beschreibt eine Reihe von Maßnahmen, um die Brandgefahr zu verringern. Dabei steht das Laden der Akkus im Fokus. Man darf beispielsweise nur vom Hersteller zugelassene Ladegeräte verwenden, ein nicht zugelassenes Ladegerät kann zur Fehlfunktion des Batteriemanagementsystems des Akkus führen. Die Ladegeräte müssen vor Schmutz und Nässe geschützt sein und dürfen nicht abgedeckt werden, damit die Luft ­zirkulieren kann. Tiefentladungen sind ebenso zu vermeiden wie Temperaturen unter dem Gefrierpunkt beim Laden.

Die Ladegeräte müssen vor Schmutz und Nässe geschützt sein und dürfen nicht abgedeckt werden

Auch bei der Lagerung der Akkus gilt es Fehler zu vermeiden. So dürfen die Akkus nicht kurzgeschlossen werden. Das kann passieren, wenn sie in Sammelbehältern liegen und die Pole nicht mit einem Klebeband oder Ähnlichem isoliert sind. Die Batterien dürfen keiner Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden oder in Räumen mit Brandlasten lagern.

Wenn Akkus gelagert werden, deren Zustand unbekannt ist oder die eventuell beschädigt sein könnten, müssen sie unter Berücksichtigung der TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ an einen geeigneten Ort gebracht werden.

Text: Franz Roiderer