Heute schon gedopt?

Leichtathletik, Radfahren, Gewichtheben – im Leistungssport führt Doping nach oben oder ins Abseits. Und im „normalen“ Berufsleben? Prof. Frauke Jahn vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) weiß, warum manche Menschen Aufputschmittel im Arbeitsalltag nehmen und wozu das führt.

Mit dem Satz „Drogen wirken wie eine Peitsche auf ein müdes Pferd“ steigen Sie gerne in Ihre Vorträge zum Thema Aufputschmittel im Job ein. Was bedeutet das?

Prof. Frauke Jahn: Gemeint ist damit, dass man keine Drogen oder Aufputschmittel zur Leistungssteigerung braucht, wenn man gesund und ausgeschlafen ist. Aufputschmittel benutzen Menschen – auch im Beruf –, wenn sie müde, gestresst oder ausgelaugt sind – und dann wirkt das wie eine Peitsche auf ein müdes Pferd. Diesen Versuch, ein Defizit zu puffern, nennen wir Hirndoping.

Was versprechen sich die Nutzer davon?

Jahn: Hirndoping wird aus drei Gründen genutzt: erstens, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern, die Wachheit oder Konzentration. Zweitens, um die eigene Stimmung aufzuhellen. Wenn ich beispielsweise im Pflegebereich arbeite und gegenüber den Patienten immer freundlich und zuvorkommend sein muss, diese Emotionen aber nicht immer empfinde. Drittens, um Ängste zu mildern, zum Beispiel bei Prüfungen, Vorträgen oder auch bei Lampenfieber vor einem Auftritt als Künstler oder Schauspieler.

Welche Mittel können das bewirken?

Jahn: Gern werden Ritalin und Modafinil geschluckt. Ritalin stimuliert und steigert die Fokussierung, eigentlich kommt es bei ADHS-Patienten zum Einsatz: Es hilft zum Beispiel hyper­aktiven Kindern oder Jugendlichen, sich auf eine Sache zu konzentrieren – und kann als Hirndoping-Substanz demselben Zweck dienen. Modafinil ist hingegen ein Wachmacher, der eigentlich bei Narkolepsie (Tagesschläfrigkeit) verschrieben wird. Dazu kommen Antidementiva, die normalerweise bei Demenzerkrankungen die geistige Leistungsfähigkeit steigern, und Antidepressiva, die bei Depressionen die Stimmung aufhellen sollen. Außerdem werden Betablocker, die für Patienten mit Bluthochdruck gedacht sind, als Angstlöser zweckentfremdet.

Spielen auch illegale Substanzen eine Rolle?

Jahn: Ja, zum Beispiel Kokain, Ecstasy oder Crystal Meth. Das sind alles Mittel, die unter anderem anregend wirken und das Schlafbedürfnis unterdrücken. Übrigens bezieht unser Hirn­doping-Begriff sogenannte Soft-Enhancer wie Koffeintabletten oder Ginkgo-Biloba-Extrakte nicht mit ein – es geht hier um illegale Drogen und Medikamente, die zweckentfremdet eingesetzt werden.

DEFINITION

Hirndoping ist die Einnahme verschreibungspflichtiger Medikamente oder illegaler Drogen mit der Absicht, die geistige Leistungsfähigkeit zu steigern, die Stimmung aufzuhellen oder Ängste zu mildern.


Um alle spannenden Reportagen zur Arbeitssicherheit, Gesundheitsprävention und nachhaltigem Arbeiten unbeschränkt lesen zu können, registrieren Sie jetzt für einen Gratismonat –  läuft automatisch aus!

Leichtathletik, Radfahren, Gewichtheben – im Leistungssport führt Doping nach oben oder ins Abseits. Und im „normalen“ Berufsleben? Prof. Frauke Jahn vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) weiß, warum manche Menschen Aufputschmittel im Arbeitsalltag nehmen und wozu das führt.