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Augen auf!
Wo gehobelt wird, fallen Späne. Oft fliegen diese Späne auch durch die Luft und landen – wenn es ganz unglücklich läuft – im Auge.
Insgesamt verzeichnete die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) im Jahr 2020 rund 13.300 Augenverletzungen, hervorgerufen durch verschiedenste Unfälle. Allerdings ist das nur die Spitze des Eisbergs. Denn hinter der Zahl verbergen sich lediglich die meldepflichtigen Arbeitsunfälle. Das sind Unfälle, aufgrund derer die Beschäftigten länger als drei Tage ausfallen, und tödliche Unfälle (wobei es nur einen aufgrund einer Augenverletzung gab). Bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) beispielsweise waren etwa zehn Prozent der Augenunfälle meldepflichtig. Diesen knapp 3.500 Unfällen standen aber 34.000 nicht meldepflichtige Unfälle mit kürzerer Ausfallzeit gegenüber. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2016 – aktuellere Zahlen hat die BG BAU auch auf Nachfrage nicht bekanntgegeben. Bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) lag der Anteil der meldepflichtigen Unfälle im vergangenen Jahr bei knapp sieben Prozent (3.885 von 57.000 Unfällen).
Es gibt eine Reihe von Gefährdungen für das Auge, bei manchen Tätigkeiten können gleich mehrere Faktoren dazu beitragen. Eine Systematik der Gefährdungen:
1. MECHANISCHE VERLETZUNGEN
Treffen Fremdkörper wie Holzspäne, Metallsplitter oder Körner auf das Auge, können sie die Hornhaut beschädigen oder sogar durchdringen und dann Linse oder Netzhaut verletzen. Das hängt von der Form und der Geschwindigkeit der Fremdkörper ab. Typischerweise passieren solche Unfälle beim Bohren, Sägen, Fräsen, Schleifen oder Polieren. Staub stellt ebenfalls ein Risiko dar, denn die Partikel können zwischen Lid und Augapfel gelangen und zu Reizungen oder Entzündungen führen. Bei Tätigkeiten, die im buchstäblichen Sinne Staub aufwirbeln könnten, ist auch ein seitlicher Schutz der Augen erforderlich.
2. OPTISCHE STRAHLUNG
Unterschieden wird zwischen sichtbarer und unsichtbarer Strahlung. Ultraviolette (UV) Strahlung tritt bei intensiver Sonnenstrahlung, bei der Lacktrocknung, bei der Kunststoffhärtung, aber auch beim Schweißen auf. Kurzfristig kann sie zu Horn- und Bindehautentzündungen („Verblitzen“), langfristig zum Augenkatarakt (Grauer Star) führen. Infrarotstrahlung geht beispielsweise von feuerflüssigen Massen in der Metall- und Glasindustrie aus, aber auch sie tritt beim Schweißen auf. Sie kann zu Schädigungen der Netzhaut und der Linse führen. Doch auch sichtbare Strahlung wie intensives Licht oder Laserstrahlung können das Auge dauerhaft schädigen, vor allem die Netzhaut.
3. CHEMISCHE SUBSTANZEN
Egal ob fest, flüssig oder gasförmig – chemische Substanzen können sich in der Tränenflüssigkeit lösen und chemische Reaktionen hervorrufen, die das Auge dauerhaft schädigen. Gelangen beispielsweise im Labor Säuren oder in der Wäscherei Laugen in die Augen der Beschäftigten, kann das zu Verätzungen und im schlimmsten Fall zur Erblindung führen. Gleiches gilt für den Kontakt mit Branntkalk. Laut der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) sind etwa drei Viertel aller Augenverletzungen darauf zurückzuführen, dass die Mitarbeiter entweder gar keine Schutzbrille getragen haben oder dass diese nicht korrekt saß.
4. BIOLOGISCHE GEFÄHRDUNGEN
Bakterien, Viren, Sporen und Pilze (biologische Agenzien) können über das Auge in den Körper gelangen und Infektionen verursachen. Mitarbeiter in medizinischen Berufen (Krankenhaus, Labor, Apotheke) sind dieser Gefahr ebenso ausgesetzt wie Beschäftigte im Lebensmittelbereich, Gärtner oder Schädlingsbekämpfer.
5. THERMISCHE EINWIRKUNGEN
Tränende Augen können ein Indiz für zu große Kälte sein, etwa bei längerem Arbeiten in Kühlhäusern. Erfrierungserscheinungen der Hornhaut sind möglich. Sind Beschäftigte großer Hitze ausgesetzt, zum Beispiel Feuerwehrleute oder Stahlarbeiter an Hochöfen, kann es durch Austrocknung zu Hornhautreizungen kommen.
6. ELEKTRISCHE GEFÄHRDUNGEN
Im Arbeitsumfeld von elektrischen Anlagen können Störlichtbögen auftreten. Hervorgerufen durch einen Kurzschluss oder eine fehlerhafte Handhabung beim Trennen stromführender Elemente, kann ein Elektriker Verbrennungen erleiden. Durch die hohen Temperaturen und wegspritzende Teilchen besteht zudem die Gefahr von Augenverletzungen.
Icons: iStock/transurfer
Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass an einem Arbeitsplatz Gefährdungen für die Augen bestehen, und lassen sich diese nicht nach dem TOP-Prinzip durch technische oder organisatorische Maßnahmen abstellen, müssen als personenbezogene Maßnahme die Augen der Mitarbeiter geschützt werden.
Dabei gibt es verschiedene Arten der persönlichen Schutzausrüstung (PSA). Schutzbrillen sind entweder fest genug, um mechanischen Gefährdungen durch umherfliegende Teilchen standzuhalten, sie haben Schutzfilter (beispielsweise für UV-Strahlung) oder Schweißer-Schutzfilter bei optischen Gefährdungen, sie sind hitze- und kältebeständig, sie schützen vor dem Eindringen von Staub, Chemikalien oder biologischen Gefährdungen – oder sie weisen abhängig von der Gefährdung am Arbeitsplatz eine Kombination dieser Eigenschaften auf.