Chancen und Risiken von KI

Die Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) und ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten haben auf nahezu allen gesellschaftlichen Ebenen eine tiefgreifende Transformation angestoßen. Ein Bereich, der künftig durch den Einsatz von KI profitieren kann, ist der betriebliche Arbeitsschutz.

Text: Anja Blüthner und Thomas Büschel

AUF DEN PUNKT

  • Im Arbeitsschutz kann KI als Werkzeug helfen, Unfällen zu vorzubeugen
  • Neue Wege für präventive Maßnahmen und individuelle Schulungen
  • Rechtliche und ethische Verantwortung erfordern sorgfältigen Umgang mit KI

Die Integration von KI in Arbeitsschutzprozesse bietet den Akteuren umfangreiche Chancen, eine Arbeitswelt 4.0 zu schaffen, in der Arbeitskräfte durch intelligente Systeme sowohl unterstützt als auch geschützt werden. Wenngleich die Risiken der neuen Technologie nicht unterschätzt werden dürfen. Ein Überblick:

Menschengerechtere Arbeit durch KI

Der Einsatz von KI bedeutet für den Arbeitsschutz einen großen Entwicklungsschritt, der neben der Effizienz eben auch die Sicherheit am Arbeitsplatz maßgeblich verbessert – denn dank KI lässt sich Arbeit in vielen Fällen sicherer und menschengerechter gestalten. Zum Beispiel können Sensoren in Verbindung mit KI-Algorithmen genutzt werden, um potenziell gefährliche Situationen frühzeitig zu erkennen. Dies ermöglicht eine Abwehrreaktion, noch bevor überhaupt ein Unfall stattfindet: KI-Systeme können also Gefahrenquellen identifizieren und minimieren, indem sie Echtzeitdaten analysieren, gegen Erfahrungswerte spiegeln, Unregelmäßigkeiten detektieren, das System stoppen und somit negative Folgen für den Nutzer abwenden.

Ein weiteres anschauliches Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Einsatz von KI-gesteuerten Robotern und autonomen Systemen, die gefährliche oder körperlich anstrengende Aufgaben übernehmen. Diese Systeme reduzieren das Risiko für Arbeitskräfte in Umgebungen mit potenziellen Gesundheitsgefahren erheblich: Von der Inspektion gefährlicher Orte bis hin zur Handhabung von Chemikalien – KI-gesteuerte Maschinen übernehmen eine Schlüsselrolle bei der Minimierung von Arbeitsrisiken und senken so die Gefahr von Gesundheitsschäden erheblich.

KI als Chance zur Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes

Die Integration von KI in Arbeitsprozesse und damit auch in den betrieblichen Arbeitsschutz eröffnet nicht nur Möglichkeiten zur Risikominderung, sondern auch zur kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und damit zur Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes in der Organisation. So können beispielsweise auf Grundlage von Analyseergebnissen anonymisierter Gesundheitsdaten der Mitarbeiter präventive Maßnahmen ergriffen werden, um berufsbedingten Erkrankungen vorzubeugen. KI erkennt Muster, die für menschliche Analysten nicht auf den ersten Blick feststellbar sind, und weist frühzeitig auf potenzielle, mit der Tätigkeit oder dem Arbeitsplatz zusammenhängende Gesundheitsgefahren hin. Dabei sind natürlich immer datenschutzrechtliche Belange zu berücksichtigen und entsprechende Vorgaben einzuhalten.

Auch Online-Schulungsprogramme, die den Wissensstand des Anwenders via KI feststellen und die Lerninhalte dann entsprechend individuell sowie adaptiv an die konkreten Bedürfnisse anpassen, leisten einen wichtigen Beitrag für einen modernen Arbeitsschutz im Unternehmen. So können KI-gestützte Schulungen Kenntnislücken themenspezifisch beim Nutzer identifizieren und diese durch entsprechend passende Lerninhalte gezielt schließen. Im Kontext des Arbeitsschutzes bedeutet das, dass das Bewusstsein für Sicherheitspraktiken bei den Mitarbeitern im Bedarfsfall gestärkt wird. Auf diese Weise trägt KI dazu bei, die Mitarbeiterkompetenzen im Bereich Arbeitsschutz auszubauen und Unfälle zu verhindern.

Herausforderungen für den Arbeitsschutz durch KI

Trotz aller Vorteile, die KI für den Arbeitsschutz bietet, sind auch Herausforderungen zu meistern. Eine zentrale Frage betrifft die ethische Verantwortung: Wer trägt die Schuld, wenn ein autonomes KI-System einen Fehler macht, der zu einem Unfall führt? Hier sind klare Zuweisungen von Verantwortlichkeiten und die Entwicklung ethischer Leitlinien entscheidende Schritte, um die Integration von KI in den Arbeitsschutz sinnvoll zu gestalten. Auch rechtliche Gesichtspunkte dürfen nicht vernachlässigt werden – als Stichwort sei hier der AI Act der Europäischen Union angeführt.

Nicht weniger herausfordernd sind Aspekte einer möglichen Arbeitsplatzverdrängung. Während KI-gesteuerte Maschinen dazu dienen, gefährliche Aufgaben zu übernehmen, kann dies im Umkehrschluss auch zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen. Branchen, in denen Maschinen für routinemäßige Aufgaben eingesetzt werden können, sind davon besonders betroffen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, Maßnahmen zu ergreifen, um die betroffenen Arbeitskräfte zu qualifizieren und auf die KI-gestützte Arbeitsumgebung vorzubereiten. Denn letztendlich ist die KI immer als Werkzeug zu betrachten, das für den Menschen zum Einsatz kommt.

Fazit

Insgesamt steht fest: Die KI-getriebene Transformation im betrieblichen Arbeitsschutz wird nicht aufzuhalten sein. Um sich proaktiv dieser Entwicklung zu stellen, bedarf es der weitsichtigen Gestaltung durch alle eingebundenen Akteure. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Vorteile dieser Technologie für eine sichere und gesunde Arbeitswelt zum Tragen kommen, ohne dabei die Grundprinzipien des Arbeitsschutzes und die soziale Verantwortung aus den Augen zu verlieren.

DIE AUTOREN:

Auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit sind Thomas Büschel und Anja Blüthner Experten. Büschel ist Geschäftsführer der TÜV Thüringen Akademie GmbH, Blüthner leitet dort die Abteilung Produktentwicklung. Zu den Leistungen der TÜV Thüringen Akademie gehören insbesondere Aus-, Fort- und Weiterbildungsseminare in den unterschiedlichsten Bereichen wie Arbeits- und Gesundheitsschutz, Energie und Umwelt oder Daten und Digitales.

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