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Walfänger
Großwildjagd zur See

Die 1930er-Jahre bringen in Deutschland eine kurzzeitige Blüte des Walfangs.
Herman Melvilles Geschichte des weißen Wals Moby Dick ist vielen Menschen bekannt. Stille Zeugen des realen Walfangs finden sich jedoch in so manchem Ort an der Nordsee oder auf den norddeutschen Inseln: Unterkieferknochen erlegter Wale bilden zuweilen noch heute Portale in adretten Friesenwällen.
Text: Phillip Berg Foto: bpk
Das Meer liefert viele wichtige Ressourcen. Bereits in der Antike sind Wale Ziel des Menschen und wasseraffine Kulturen entwickeln eigene Fangtechniken. Die Jagd auf die Riesen ist kompliziert, aber sie lohnt sich. Ein einziger Erfolg bringt viele Rohstoffe. Neben dem Fleisch werden fast alle Teile des Tieres genutzt: Aus dem Tran wird Lampenöl, aus Barten werden Körbe geflochten, Knochen und Zähne zu Werkzeug und Schmuck verarbeitet. Als geschickte Seefahrer sind Bewohner der Nordseeinseln als Besatzungen für Walfangschiffe gefragt – die Jagd ist anspruchsvoll und gefährlich. In kleinen, meist geruderten Fangbooten verfolgen die Jäger die Wale und harpunieren die Tiere von Hand. Oft kentern diese Nussschalen. Wale sind keine leichte Beute.
Mit der technischen Weiterentwicklung der Schiffe beginnt in der Neuzeit die groß angelegte Jagd auf Wale. In den Sommermonaten stechen die Fangflotten in See. Um 1850 gibt es auf der Nordhalbkugel rund 900 Schiffe, bis zu 10.000 Wale werden jährlich erlegt. Die Industrialisierung bringt Dampfschiffe und Harpunenkanonen. Handarbeit aus Ruderbooten heraus gehört bald der Vergangenheit an. Effizienter und gnadenloser sind Harpunen, die Granaten verschießen oder betäubende Stromstöße abgeben. Im 20. Jahrhundert sind Fabrikschiffe das Zentrum der Fangflotten, die Verarbeitung der Beute erfolgt direkt auf See. Zu modernen Produkten aus Walen zählen Margarine und Nitroglyzerin.
Kurzzeitige Blüte des Walfangs in Deutschland
Deutschland spielt nur eine kleine Rolle. Die 1930er-Jahre bringen durch Autarkiebestrebungen eine kurzzeitige Blüte des Walfangs. So will man Versorgungsengpässe mit Fetten beenden. Die Fahrten mit bis zu sieben Fabrikschiffen führen in die Arktis und Antarktis, wobei rund 15.000 Wale erlegt werden. Der Zweite Weltkrieg beendet die Waljagd, die Kriegsmarine übernimmt die Schiffe und baut sie um. In Deutschland erinnern heute nur noch einige Portale aus Walkieferknochen an die Zeit des Walfangs.
Ab 1948 regeln strenge internationale Verträge den Walfang. Durch ein sogenanntes Moratorium ist er seit 1986 nur in Ausnahmen erlaubt. Diese gelten etwa für indigene Bevölkerungsgruppen oder wissenschaftliche Zwecke. Japan und Norwegen sind die letzten Staaten mit einer Walfangindustrie. Gegen die vorgeblichen wissenschaftlichen Gründe regt sich mitunter gewaltsamer Protest von Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace oder Sea Shepherd. Die Walbestände erholen sich weltweit nur langsam.

DER AUTOR:
Phillip Berg arbeitet als Kurator bei der DASA Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund. Dort erstrecken sich auf einer Größe von fast zwei Fußballfeldern spannende Erlebniswelten zum Entdecken und Mitmachen. Hier macht Arbeit sogar Spaß! www.dasa-dortmund.de
Literatur:
Felix Lüttge: Auf den Spuren des Wals. Geographien des Lebens im langen 19. Jahrhundert. Göttingen 2018.
Kurkpatrick Dorsey: Whales and Nations: Environmental Diplomacy on the High Seas. Seattle 2014.
Richard Ellis: Mensch und Wal. Die Geschichte eines ungleichen Kampfes. München 1993.