Mehr Schutz für Mensch und Umwelt

Gesetz regelt Überwachung von Anlagen

Dampfkessel, Aufzugsanlagen, explosionsgefährdete Anlagen, Druckbehälter und Tankstellen sind gesetzlich als überwachungsbedürftige Anlagen eingestuft. Obwohl sie auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben, sind sie alle potenziell gefährliche Geräte, was die Notwendigkeit ihrer Überwachung unterstreicht.

Die genannten Anlagen bergen ein hohes Risiko für Menschen und Umwelt. Der Gesetzgeber hat deshalb detaillierte Vorschriften erlassen, um den Umgang mit ihnen zu regeln. Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) steht dabei im Fokus. Bislang waren die Vorgaben für überwachungsbedürftige Anlagen vor allem im alten Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) enthalten, aber es gab kein eigenständiges Gesetz. Dies hat sich im Juli 2021 geändert.

Die Anforderungen an Unternehmen haben sich erweitert

Heute geht es für Unternehmen nicht nur um wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch um Umwelt, Mensch und Zukunft. Deshalb wurden in den vergangenen Jahren viele Regelungen im Arbeitsschutz und in der Anlagensicherheit modernisiert. Die Anlagensicherheit ist besonders wichtig, um Schutzziele zu gewährleisten. Allerdings waren die Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen veraltet und nicht logisch organisiert. Daher war eine Überarbeitung notwendig, um präventive Maßnahmen zur Minimierung von Gefahren zu treffen. Eine ganzheitliche Sicherheitspolitik erfordert, dass Arbeitsschutz und Anlagensicherheit Hand in Hand gehen. Dazu ist es unerlässlich, dass es für beide Bereiche klare gesetzliche Grundlagen gibt.

Erstmals eigenständiges Gesetz zu überwachungsbedürftigen Anlagen

Überwachungsbedürftige Anlagen stellen oft besondere Herausforderungen dar, da sie ein erhöhtes Risiko aufweisen. Viele Regelungen wurden entwickelt, um sicherzustellen, dass Schutzziele gewährleistet sind und Risiken kontrolliert werden können. Doch lange Zeit fehlte eine eigene gesetzliche Grundlage für diese Anlagen. Das Gesetz zu überwachungsbedürftigen Anlagen (ÜAnlG) schließt diese Lücke und legt detaillierte Vorgaben für Betreiber, Überwachungsstellen und Aufsichtsbehörden fest. Es umfasst 34 Paragrafen und sechs Abschnitte, die den Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen, Pflichten und Strafverfolgungsvorschriften abdecken. Jeder, der mit überwachungsbedürftigen Anlagen zu tun hat, ist davon betroffen.

Von den insgesamt sechs Abschnitten sind die ersten drei für Betreiber von Anlagen relevant:

  1. Der erste Abschnitt befasst sich mit dem Anwendungsbereich und den Begriffsbestimmungen, die notwendig sind, um die gesetzlichen Vorgaben zu verstehen und korrekt anwenden zu können.
  2. Im zweiten Abschnitt werden die Pflichten der Betreiber beschrieben, die sich auf die Bereitstellung, den Betrieb, die Instandhaltung und die Änderung der Anlagen beziehen. Hier wird auch auf die Dokumentationspflichten der Betreiber eingegangen.
  3. Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit den Aufgaben und Pflichten der zugelassenen Überwachungsstellen. Hier wird festgelegt, welche Anforderungen die Überwachungsstellen erfüllen müssen, um zugelassen zu werden, und welche Pflichten sie im Rahmen der Überwachung der Anlagen haben.

Zentrale Rolle des Betreibers

Das ÜAnlG bringt Klarheit und Modernisierung in den Bereich des Anlagenschutzes. Besonders die klaren Festlegungen der Pflichten von Betreibern und zugelassenen Überwachungsstellen sind hierbei hervorzuheben. Dennoch bleibt die Abhängigkeit von der BetrSichV bestehen, sodass das neue Gesetz als Rahmenvorschrift mit den wichtigsten Grundsätzen zu verstehen ist.

In Abschnitt 1 des Gesetzes werden klare Begriffsbestimmungen festgelegt, die bisher nicht eindeutig geregelt waren und nun eine einheitliche Verwendung ermöglichen. Hierbei wird insbesondere auf die Definition von überwachungsbedürftigen Anlagen eingegangen. Obwohl keine abschließende Aufzählung erfolgt, lässt sich dennoch eine klare Zuweisung der Verantwortung auf den Betreiber ableiten. Dieser wird in seiner Wirkungsmacht als umsetzungspflichtige Person der Vorgaben definiert, was vor allem seinen Einfluss auf die Errichtung, Prüfung und den Betrieb einer Anlage betrifft. Die Betriebssicherheitsverordnung bleibt jedoch weiterhin als Grundlage relevant.

Das ÜAnlG ist entsprechend der Systematik des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) aufgebaut und legt die Pflichten des Betreibers fest. In § 3 werden die Grundanforderungen und -pflichten des Betreibers festgelegt, gefolgt von der Verpflichtung zur Gefährdungsbeurteilung in § 4 und der Einführung von Schutzmaßnahmen in § 5 ÜAnlG.

Der Betreiber ist gemäß dem Gesetz für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Beschäftigten und anderen Personen während des gesamten Lebenszyklus der Anlage verantwortlich. Allerdings sind die Anforderungen und Maßnahmen zur Erfüllung dieser Verpflichtungen nicht explizit festgelegt. Vielmehr soll der Betreiber eine Einstellung fördern, die Sicherheit als wesentlichen Teil des betrieblichen Alltags betrachtet und eine entsprec­hende ­Sicherheitskultur aufbaut. Die Grundpflichten des Betreibers sind in § 3 ÜAnlG enthalten.

Tabelle 1: Synopse der geltenden Bestimmungen zu Grundpflichten in der Anlagensicherheit und dem Arbeitsschutz

TOP-Prinzip und Dokumentationspflichten

Das Gesetz greift wichtige Begriffe auf, die für eine fundierte Gefährdungsbeurteilung notwendig sind, wie zum Beispiel das TOP-Prinzip des Arbeitsschutzes (Vorrang von technischen vor organisatorischen vor personenbezogenen Maßnahmen) in § 5 Abs. 1 und die Dokumentationspflicht in § 5 Abs. 3 ÜAnlG. Es werden jedoch keine konkreten Anweisungen gegeben, sondern die Betriebssicherheitsverordnung und die Technischen Regeln können ­weiterhin genutzt werden, um geeignete Schutzmaßnahmen zu ermitteln. Die Bedingungen für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Abs. 3 ArbSchG finden Anwendung.

Die Festlegung geeigneter Schutzmaßnahmen erfordert die Prüfung und Dokumentation der Gebrauchstauglichkeit, ergonomischen Gestaltung, sicherheitsrelevanten Zusammenhänge und vorhersehbaren Störungen der Anlage. Zur Unterstützung können weitere Konkretisierungen als Handlungshilfen genutzt werden, insbesondere die Technische Regel zur Betriebssicherheit (TRBS) 1111.

Konkrete Regelungen finden sich in § 7 ÜAnlG, der Einzelheiten zu Rahmenbedingungen der Prüfung und Fristen zur Prüfung auf sicheren und ordnungsgemäßen Zustand festlegt. Der Betreiber ist direkt zur Einhaltung aufgefordert und es wird zwischen verschiedenen Arten von Prüfungen unterschieden, die der Betreiber selbst vornehmen muss, die von zugelassenen Überwachungsstellen durchgeführt werden oder behördlich angeordnet sind.

Vorgaben für Prüfstellen

Die Abschnitte 3 und 4 richten sich an zugelassene Überwachungsstellen und legen fest, wie durch sie Prüfungen durchzuführen sind. Zudem wird geregelt, wie bei der Feststellung von Mängeln vorzugehen ist. In § 11 wird gefordert, dass die Länder Anlagenkataster einführen und pflegen, um alle überwachungsbedürftigen Anlagen zu erfassen.

Die Zulassung von Prüfstellen als zugelassene Überwachungsstellen wird in § 18 erläutert. Die Objektivität und Unabhängigkeit der Überwachungsstellen werden betont. Die Ermächtigung in § 31 fordert das Bundesministerium für Arbeit uns Soziales (BMAS) auf, weitere Vorschriften zu erlassen, um die noch bestehenden Lücken zu schließen, insbesondere einen Katalog über überwachungsbedürftige Anlagen zu erstellen.

Angleichung der Rechtssystematik Arbeitsschutz und Anlagensicherheit

Abbildung 1: Normenhierarchie in der Anlagensicherheit und dem Arbeitsschutz

Die Schutzziele im Arbeitsschutz und der Anlagensicherheit sind dieselben: die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und in der Umgebung von Anlagen, Maschinen und Geräten. Die Normenhie­rarchie und Regelungssystematik sind ebenfalls vergleichbar.

Sowohl Arbeitgeber als auch Betreiber haben ähnliche Pflichten, darunter die Verantwortung für die Erfüllung der Schutzziele, die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen sowie das Festlegen und Dokumentieren von Schutzmaßnahmen.

Um diese Pflichten zu erfüllen, gibt es eine Vielzahl von Institutionen, die Vorschriften erlassen und unterstützen, wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) oder der Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS).

Das neue Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen schließt eine Regelungslücke und legt detaillierte Vorgaben fest, die in Übereinstimmung mit den Schutzzielen und Pflichten des Arbeitsschutzes und der Anlagensicherheit stehen.

Die Anlagensicherheit und der Arbeitsschutz haben dieselben Schutzziele, weshalb sie grundsätzlich gleich behandelt werden sollten. Oftmals fällt die Verantwortung für beide Bereiche auf den Betreiber bzw. Arbeitgeber. Die Vorgehensweise zur Umsetzung der Schutzziele gleicht sich in beiden Fällen und erfolgt in einem PDCA-Zyklus („plan, do, check, act“). Dieser beinhaltet das Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung und die Festlegung von Schutzmaßnahmen (plan), die Umsetzung der Maßnahmen (do), die Überprüfung der Wirksamkeit und die Dokumentation (check) sowie die Reflexion über die Maßnahmen und die fortlaufende Anpassung und Verbesserung (act).

Verantwortung des Betreibers

Der Betreiber einer überwachungsbedürftigen Anlage hat aufgrund des ÜAnlG folgende Pflichten: Einhaltung der Grundpflichten, Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung, Planung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen, Prüfung der Anlage und Ausübung eines Betriebsverbots. Um diesen Pflichten nachzukommen, sollte der Betreiber die Schutzziele über den gesamten Lebenszyklus der Anlage berücksichtigen, die geltenden Rechtsvorschriften analysieren und umsetzen sowie ein schlüssiges Sicherheitskonzept entwickeln. Das ÜAnlG fügt sich in die gewohnte Systematik des Arbeitsschutzrechts ein und ermöglicht eine zeitgemäße und moderne Umsetzung der Schutzziele.

Abbildung 2: Aufgaben eines Sicherheitskonzeptes

Zusammenfassung

Das Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen schafft eine klare Grundlage für die Anlagensicherheit, harmonisiert die Systematik der Vorschriften im Bereich der Anlagensicherheit mit dem Arbeitsschutz und definiert Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten. Die Betriebssicherheitsverordnung und die Technischen Regeln bleiben zwar die wichtigsten Grundlagen für die Umsetzung, jedoch wird mit dem Gesetz eine präzise und zielorientierte Rechtssystematik geschaffen, die dazu beiträgt, die Anlagensicherheit weiter zu verbessern.

DER AUTOR:

Donato Muro studierte an mehreren deutschen Hochschulen. Er ist Naturwissenschaftler, Ingenieur, Jurist und angehender Arbeitspsychologe. Arbeitsschutz ist für ihn mehr Berufung als Arbeit. Er möchte den Arbeitsschutz so einfach und verständlich wie möglich vermitteln, um rechtssicheres Handeln aufseiten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu fördern. Donato Muro ist auch Lehrbeauftragter im Fach öffentliche Sicherheit (M. Sc.) und lehrt das rechtswissenschaftliche Fach „Gefahrenabwehr-, Ordnungs- und Katastrophenschutzrecht“ an der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH).

Text: Donato Muro