Was der Klimawandel mit Arbeitsschutz zu tun hat

Der Klimawandel ist in allen Bereichen des Lebens spürbar – auch Arbeitsschützer müssen sich darauf einstellen und Maßnahmen ergreifen. Insbesondere in fünf Themengebieten gibt es Herausforderungen für den Arbeitsschutz.

Text: Donato Muro

Umweltkatastrophen wie Überschwemmungen, Waldbrände und Hitzewellen nehmen infolge des Klimawandels zu. Steigende Temperaturen und erhöhte UV-Strahlung belasten den menschlichen Organismus. Insbesondere Außenarbeiter sind gefährdet, erleben Leistungseinbußen und ein erhöhtes Risiko von Dehydrierung und Hautkrebs. Doch auch die Allgemeinbevölkerung spürt die Auswirkungen, sei es durch Hitzestress auf dem Arbeitsweg oder eine Zunahme allergischer Reaktionen durch verlängerte Blütezeiten.

Die Anpassung des Arbeitsschutzes an klimatische Veränderungen wurde von den G-7-Staaten als dringlich erachtet und auf ihre Agenda gesetzt. „Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen sind grundlegende Rechte“, betonte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach dem Treffen der G-7-Arbeitsminister im vergangenen Jahr. Gesunde Arbeitsbedingungen sollen als grundlegende Rechte Eingang finden in die Kernarbeitsnormen, mit denen die Internationale Arbeitsorganisation ILO Sozialstandards festlegt.

Der Klimawandel rückt also zentrale Themen des Arbeitsschutzes in den Blickpunkt. Die Arbeitnehmer sind zunehmend Umweltstressoren wie Hitze ausgesetzt. Zudem sind steigende Risiken durch Hautkrebs, Infektionserkrankungen und Gefahrstoffe infolge neuer Technologien zu berücksichtigen.

DIE WICHTIGSTEN THEMENGEBIETE

1. Physikalische Einflüsse

Physikalische Faktoren wie Hitze sind in der Arbeitswissenschaft seit Jahrzehnten bekannt und gut erforscht, wobei auch bei der Prävention von Berufskrankheiten Fortschritte erzielt wurden.

Das TOP-Prinzip (technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen) bildet bereits einen effektiven Rahmen für Schutzmaßnahmen gegen klimabedingte Herausforderungen. Allerdings ist es wichtig, Evaluierungskriterien weiterzuentwickeln, Wissenslücken zu identifizieren und zu füllen sowie die Wechselwirkungen zwischen Belastungsfaktoren zu berücksichtigen.

Die kombinierten Auswirkungen von Hitze und Stress erfordern vertiefte Untersuchungen. Hitzewellen beeinflussen insbesondere Arbeitsplätze ohne Klimaanlagen und im Freien negativ. Ein gestörtes Wärmegleichgewicht erhöht gesundheitliche Risiken.

Bei körperlicher Arbeit generiert der Körper mehr Wärme, und höhere Umgebungstemperaturen intensivieren die thermische Belastung. Hierbei sind Nieren und Herz besonders gefährdet und sowohl physische als auch kognitive Leistungsfähigkeit sinken. Um Risiken zu minimieren, sind zielgerichtete Arbeitsgestaltung und präventive Maßnahmen entscheidend.

2. Solare UV-Strahlung

Klimaveränderungen intensivieren die UV-Belastung im Freien durch die fortschreitende Schädigung der Ozonschicht. Die Interaktion zwischen Klimawandel, Ozonschicht und Luftschadstoffen ist komplex, doch es ist klar, dass die UV-Exposition zunimmt, wodurch das Hautkrebsrisiko steigt. Schutzkleidung ist eine effektive Maßnahme zur Risikominderung. Zudem fördert die erhöhte UV-Strahlung die Bildung von bodennahem Ozon, das besonders in der Mittagssonne die Atemwege und Lungen beeinträchtigt.

3. Infektionskrankheiten

Der Klimawandel beeinflusst Infektionskrankheiten durch Schaffung neuer Bedingungen, in denen Erreger gedeihen können. Arbeitnehmer im Freien sind besonders gefährdet, da das veränderte Klima neue Krankheitserreger begünstigt und Krankheitsüberträger wie Malariamücken in neue Regionen wie Deutschland vordringen können.

Die Globalisierung verschärft die Situation, indem sie zur schnelleren Verbreitung von Erregern beiträgt. Präventive Hygienemaßnahmen sind entscheidend, und es ist wichtig, die Arbeitnehmer in Bezug auf Infektionsrisiken zu schulen und ein Bewusstsein zu schaffen. Die konsequente Hand- und Kleidungsdesinfektion sind wirkungsvolle Maßnahmen. Seit der Corona-Pandemie sind Arbeitnehmer verstärkt für das Thema Hygiene sensibilisiert.

4. Allergene

Das Klima wirkt sich erheblich auf Pflanzen aus, wobei Temperatur und Luftfeuchtigkeit ihren Wachstumszyklus beeinflussen. Mit steigenden Temperaturen verlängert sich die Blütezeit vieler Pflanzen, wodurch mehr Pollen freigesetzt werden. Zudem intensiviert der Anstieg von CO2 in der Atmosphäre die Pollenproduktion und steigert die Toxizität von Pflanzen.

Giftige Pflanzen und Tiere wie der Riesenbärenklau und der Eichenprozessionsspinner rücken verstärkt in den Fokus. Die veränderte Flora und Fauna führen zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko durch Allergene und Toxine. Unterweisungen und Betriebsanweisungen zu solchen Gefahrenquellen sind essenziell, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen.

5. Toxine in neuen Technologien

Der Wandel zur Klimaneutralität bringt neue Herausforderungen mit sich, insbesondere im Umgang mit Toxinen in innovativen Speichertechnologien. Durch die Dekarbonisierung ändern sich Lieferketten und Produktionsprozesse.

Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und alternativer Energien nimmt zu, wodurch eine sorgfältige Bewertung von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz unerlässlich wird. Die Einführung alternativer Energieträger, die fossile Brennstoffe ersetzen, birgt eigene Risiken. So ist Wasserstoff, obwohl als umweltfreundliche Alternative gefeiert, aufgrund seiner geringen Molekülgröße und hohen Reaktivität auch explosiv und erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen.

DER AUTOR:
Donato Muro ist Naturwissenschaftler, Ingenieur, Jurist und Arbeitspsychologe. Er möchte den Arbeitsschutz so einfach und verständlich wie möglich vermitteln, um rechtssicheres Handeln aufseiten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu fördern. Donato Muro ist auch Lehrbeauftragter im Fach „Öffentliche Sicherheit“ (M. Sc.) und lehrt das rechtswissenschaftliche Fach „Gefahrenabwehr-, Ordnungs- und Katastrophenschutzrecht“ an der Rheinischen Fachhochschule Köln.